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30.05.2017 |

NGOs gegen Schlupflöcher für Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere

Broklo
Keine Patente auf Brokkoli und Co (Foto: CC0)

Die jahrelangen Proteste gegen die Erteilung von Patenten auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung scheinen langsam zumindest teilweise Gehör zu finden: Dem Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“ zufolge plant der Verwaltungsrat des Europäischen Patentamts (EPA), bei seinem Treffen Ende Juni einen Beschluss zu fassen, der die bestehenden Verbote im Patentrecht stärken und Patente auf Pflanzen und Tieren aus konventioneller Züchtung unterbinden würde. Damit könnten Pflanzen und Tiere, deren Züchtung nur auf Kreuzung und Selektion beruht, nicht mehr patentiert werden.

Das EPA in München erntet seit Jahren heftige Kritik von Nichtregierungsorganisation und Teilen der Politik für seine umstrittene Praxis, Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen wie Brokkoli, Tomaten und Paprika zu erteilen, obwohl dies gegen geltendes EU-Patentrecht verstößt. Dieses untersagt Patente auf Pflanzen und Tiere, „die aus im Wesentlichen biologischen Verfahren“ gewonnen wurden. Die Große Beschwerdekammer des EPA hatte im März 2015 jedoch in einer Grundsatzentscheidung zum „Brokkoli-Patent“ entschieden, dass Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere weiterhin zulässig sind, auch wenn die Züchtungsverfahren als solche nicht patentierbar sind. Ende 2015 hatte das EU-Parlament dies mit klarer Mehrheit zurückgewiesen. Auch die EU-Kommission widersprach der EPA-Praxis im November 2016 in einer Stellungnahme, im Februar dieses Jahres schlossen sich die EU-Staaten an. Der Kirchentag kritisierte ebenfalls, dass das EPA offenbar nicht bereit sei, sich an die relevanten Gesetzestexte zu halten. In einer Resolution forderten die Teilnehmer einer Veranstaltung die Bundesregierung auf, „dafür zu sorgen, dass die bestehenden Schlupflöcher im Patentrecht schnellstmöglich geschlossen werden“.

Nun lenkt das EPA offenbar teilweise ein, doch das Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“ sieht noch deutlichen Nachbesserungsbedarf: „Wir begrüßen es sehr, dass die Verbote jetzt verschärft werden sollen, verlangen aber, dass auch die immer noch vorhandenen Schlupflöcher geschlossen werden. Nur so kann eine ausreichende Rechtssicherheit für traditionelle Züchter erreicht werden“, äußerte der Sprecher des Bündnisses, Christoph Then. „Letztlich muss klargestellt werden, dass nur gentechnische Verfahren patentiert werden können, nicht aber die übliche Züchtung. Diese klare Trennung fehlt im bisherigen Entwurf des Patentamtes.“ Denn die aktuelle Version des Papiers erlaube immer noch umfassende Ausnahmen. „Weisen die Pflanzen oder Tiere beispielsweise zufällige Mutationen auf, können sie weiterhin wie Erfindungen patentiert werden“, warnte „Keine Patente auf Saatgut!“ in einer Pressemitteilung. Als Beispiel für das Ausnutzen dieser Schlupflöcher führen die Organisationen im Jahr 2016 erteilte Patente auf Bier der Firmen Carlsberg und Heineken an. Die Konzerne beanspruchen ausgehend von zufälligen Mutationen alle Gerstenpflanzen, die eine bestimmte Brauqualität aufweisen, und deklarieren zudem das Brauen und das Bier selbst als Erfindung. Gegen diese Patente laufen mittlerweile in mehreren EU-Ländern Protestaktionen und Einsprüche wurden eingelegt. „Keine Patente auf Saatgut!“ hat nun das EPA in einem offenen Brief dazu aufgefordert, den vorliegenden Vorschlag nochmals deutlich nachzubessern. (ab)

22.05.2017 |

EU-Mexiko-Handelsabkommen: Folgen für Kleinbauern und Maisvielfalt

Mais
Maisvielfalt in Mexiko in Gefahr (Foto: CC0)

Die Neuverhandlung des EU-Handelsabkommens mit Mexiko könnte sich negativ auf Menschenrechte und die Umwelt dort auswirken und Praktiken der bäuerlichen Landwirtschaft zum Erhalt der Sortenvielfalt unterminieren. Darauf machen die kirchlichen Hilfswerke Brot für die Welt und MISEREOR sowie das Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile Lateinamerika (FDCL) mit einer neuen Studie aufmerksam, die anlässlich der Mexikoreise von Außenminister Sigmar Gabriel am Freitag veröffentlicht wurde. Ihr Fazit lautet, dass die von der EU anvisierte Verschärfung der handelspolitischen Verpflichtungen im Bereich der Investitionen, des geistigen Eigentums oder der Energie aktuelle Konflikte und die soziale Krise in Mexiko weiter anheizen könnte.

Der Studie zufolge will die EU im Bereich der Landwirtschaft die transnationale Saatgut- und Pestizidindustrie stärken. Wenn es der EU-Kommission gelingt, ihre Verhandlungsziele durchsetzen, würde sich für bäuerliche Gemeinschaften der Zugang zu Saatgut deutlich erschweren und verteuern. In ihrem Vorschlag für das Kapitel über geistiges Eigentum vom November 2016 fordert die EU von Mexiko, das Internationale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) von 1991 anzuerkennen. Mexiko hat bisher nur die Version von 1978 unterzeichnet, die es Landwirten erlaubt, einmal gekauftes Saatgut weiterzuentwickeln, selbst zu vermehren und wiederauszusäen. Die Studie warnt, dass die Version von 1991 den freien Saatguttausch stärker einschränken und die Vielfalt der Landsorten bedrohen könnte. Noch ist Mexiko eine Hochburg der Artenvielfalt von Mais mit 59 Sorten und Hunderten lokaler Varietäten. „Die Züchtung hybrider Hochertragssorten vermochte die traditionellen Landsorten noch nicht zu verdrängen. Bisher erreichte der Anteil der Hybridsorten an der Maisanbaufläche nie mehr als 30 Prozent“, schreibt Autor Thomas Fritz. Das Gros des Hybridsaatguts verkaufen dort die großen transnationalen Agrarkonzerne, vor allem Monsanto, DuPont Pioneer und Syngenta. Monsanto liefert sich derzeit mit anderen Saatgutkonzernen einen juristischen Kampf gegen Bündnisse der bäuerlichen Landwirtschaft, die die Zulassung des kommerziellen Anbaus von Gentechnik-Mais in Mexiko verhindern wollen. Die „Modernisierung“ des Abkommens mit der EU würde den Kampf der mexikanischen Bauern weiter erschweren. „Der freie Saatgutaustausch wäre weiter eingeschränkt und die Artenvielfalt der mexikanischen Landsorten bedroht“, erklärt Heinz Oelers von MISEREOR. „Leidtragende wären die rund drei Millionen Bauern und Bäuerinnen, deren traditioneller Anbau ein Grundpfeiler der Ernährungssicherheit des Landes ist.“

Die Studie verweist zudem auf erhebliche Umwelt- und Gesundheitsbelastungen durch mögliche Erleichterungen für den Einsatz von Pestiziden europäischer Hersteller in Mexiko. Schon jetzt werden Pestizide verkauft, die in der EU verboten sind. „Bayer Mexiko bietet zurzeit zwei Insektizide unter den Markennamen Semevin 350 und Poncho Super an, die beide den Wirkstoff Thiodicarb enthalten. Dieser gilt als wahrscheinlich krebserregend und hochgefährlich für Bienen“, betont die Studie. In der EU ist Thiodicarb bereits seit 2007 verboten. Zudem verkaufe Bayer in Mexiko ein Herbizid unter dem Namen Finale Ultra, das den Wirkstoff Glufosinat-Ammonium enthält. Dabei handelt sich um ein fortpflanzungsschädigendes Herbizid, das zu Missbildungen bei Föten führen kann. „Die EU sollte bei internationalen Handelsabkommen nicht zweierlei Maß anwenden und in Mexiko deutlich schlechtere Umwelt- und Sozialstandards als in Europa zulassen“, kritisiert Klaus Seitz von Brot für die Welt. Die Herausgeber der Studie appellieren an die Bundesregierung, sich für eine Unterbrechung der Neuverhandlung des EU-Handelsabkommens mit Mexiko einzusetzen. Vor einer Fortsetzung der Verhandlungen fordern sie eine umfassende menschenrechtliche, soziale und ökologische Folgenabschätzung und eine Überarbeitung des bisherigen Verhandlungsmandats der EU. (ab)

18.05.2017 |

Industrielle Landwirtschaft Hauptursache für Abholzung in den Tropen

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Abholzung für die Tierzucht in Paraguay (Foto: European Space Agency)

Die großflächige industrielle Landwirtschaft ist die Hauptursache für die Abholzung tropischer Wälder. Das zeigt eine neue Studie, die am 9. Mai im Fachjournal „Environmental Research Letters“ erschienen ist. Einem Wissenschaftlerteam der Duke University zufolge waren Rodungen für die Ausbreitung einer Landwirtschaft im großen Stil verantwortlich für einen zunehmenden Anteil des Waldverlustes in den Tropen in den Jahren 2000 bis 2012. In einigen Weltregionen war mehr als die Hälfte der Entwaldung auf eine „kommerzielle Landwirtschaft“ zurückzuführen, gefolgt von anderen Ursachen wie Bergbauaktivitäten, die Holzindustrie oder die Ausbreitung der Städte. Für die Studie hatten die Wissenschaftler Abholzungstrends für die 12 Jahre nach der Jahrtausendwende auf den Umfang der gerodeten Fläche hin untersucht, indem sie hoch aufgelöste Satellitenbilder der Waldbestände von Forschern der University of Maryland auswerteten. Die Ergebnisse zeigten, dass in Südostasien und Südamerika die stärksten Verluste zu beklagen waren. Im Untersuchungszeitraum geschah 79% der Entwaldung in den Tropen in diesen beiden Regionen. „In Südamerika entfiel über 60% des Anstiegs bei der Abholzung auf die wachsende Zahl von mittel- und großflächigen Rodungen, die typisch sind für industrielle landwirtschaftliche Aktivitäten für kommerzielle Zwecke“, sagte Jennifer J. Swenson von der Nicholas School of the Environment an der Duke University. In Südostasien stieg die Entwaldung von 1.4 Millionen Hektar im Jahr 2001 auf mehr als 3,7 Millionen Hektar in 2012 an.

Brasilien ist das einzige Land, in dem die Entwaldung rückläufig war, da in diesem Zeitraum strengere Regelungen zur Beschränkung der Ausbreitung der Landwirtschaft galten. „Dieser einzigartige Trend könnte jedoch kurzfristiger Natur sein angesichts der laxen Forstpolitik Brasiliens in den letzten Jahren”, fügt Swenson hinzu. Laut den Wissenschaftlern erfordert die zunehmende Bedeutung großflächiger Entwaldung in vielen Regionen und Ländern, insbesondere in Indonesien, Malaysia, Kambodscha, Paraguay und Bolivien, politische Maßnahmen, die industrielle landwirtschaftliche Produzenten ins Visier nehmen. Zwar roden auch Kleinbauern Waldflächen, doch in geringerem Umfang. „Ein kleiner Familienbetrieb, der Nahrungspflanzen und Lebensmittel für den lokalen Verbrauch anbaut, rodet normalerweise weniger als 10 Hektar Wald pro Jahr”, betont Mitautorin Kemen G. Austin. „Diese kleinen Rodungen haben vergleichsweise geringere Auswirkungen auf die Biodiversität, den Biotopverbund, Kohlenstoffspeicherung, Wasserqualität, Erosionskontrolle und andere wichtige Ökosystemdienstleistungen, die Wälder bereitstellen.“ Im Gegensatz dazu können industrielle Plantagen, wie jene für den Anbau und die Verarbeitung von Palmöl oder Soja für den Weltmarkt, eine Entwaldung von bis zu 1000 Hektar jährlich verursachen. Je größer der Anstieg der gerodeten Fläche desto größer ist auch das Ausmaß der möglichen ökologischen Auswirkungen. (ab)

16.05.2017 |

Ausgezwitschert: Vögel der Agrarlandschaft in Deutschland verschwinden

Kiebitz
Bald allein auf weiter Flur: der Kiebitz (Foto: Dr. Georg Wietschorke, CC0)

Auf den Feldern wird es immer stiller, da die Bestände der Vögel der Agrarlandschaft in Deutschland schrumpfen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen von Anfang Mai hervor. Zwischen 1990 und 2013 verschwanden in Deutschland zum Beispiel 80 Prozent aller Kiebitze, 63 Prozent aller Braunkehlchen und 61 Prozent der Uferschnepfen. Rebhühner sind nur noch mit viel Glück zu beobachten: Ihre Bestände sind in Deutschland zwischen 1990 bis 2015 um 84 Prozent gesunken. Bei der Hälfte der Vögel der Agrarlandschaft sind seit Mitte der 1980er Jahre deutliche Bestandsrückgänge zu vermelden, teilt die Bundesregierung unter Berufung auf den nationalen Vogelschutzbericht 2013 mit. In den letzten 12 Jahren habe sich die Situation mit einem geringeren Anteil moderater und starker Abnahmen nur punktuell verbessert, zum Beispiel für Großtrappe und Raubwürger. Zugleich habe sich jedoch die Lage bei Feldlerche und Goldammer verschlechtert. EU-weit wird der Rückgang der Vögel in der Agrarlandschaft zwischen 1980 und 2010 auf mindestens 300 Millionen Brutpaare veranschlagt.

„Es droht ein stummer Frühling“, warnt Steffi Lemke, naturschutzpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion. Als Ursache für das Schwinden der Vögel der Agrarlandschaft macht die Bundesregierung eine „Vielzahl von Gefährdungsursachen“ aus. Eine detaillierte Analyse der Gefahren für Tiere, die auch die Agrarvögel einschließen soll, sei geplant. Eine grobe Auswertung der aktuellen Roten Liste der Brutvögel zeige jedoch, dass Lebensraumveränderungen, die Verringerung des Nahrungsangebotes (insbesondere Rückgang der Insektenbiomasse) und direkte Verfolgung eine große Rolle spielen. Vor allem der Pestizideinsatz in der Landwirtschaft gefährde viele Vogelarten, wie eine vom Umweltbundesamt beauftragte Studie ergab, für die sämtliche verfügbare wissenschaftliche Literatur zur Relevanz der Auswirkungen von Pestiziden auf die Gefährdungslage von 27 Vogelarten und 22 Säugetierarten der Agrarlandschaften ausgewertet wurde. „Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass viele Feldvogelarten durch eine zunehmende Einschränkung der Verfügbarkeit an Nahrung und Bruthabitaten in Ackerlebensräumen gefährdet werden und der Einsatz insbesondere von Breitbandherbiziden und –insektiziden dabei einen relevanten Einflussfaktor darstellt“, schreibt die Bundesregierung.

„Ausgeräumte Landschaften, der Einsatz von Pestiziden und der Rückgang von Nahrung schwächen die Populationen. Das Arten- und Vogelsterben schreitet voran, doch die Bundesregierung bleibt tatenlos“, kritisiert jedoch Lemke. „Wir brauchen eine Agrarwende, die es ernst meint mit einer Landwirtschaft im Einklang mit der Natur, die Schluss macht mit dem massiven Gifteinsatz auf den Feldern und die monotone Agrarlandschaft abschafft.“ Das sieht auch der Naturschutzbund Deutschland so, der die „fachlich fundierte Antwort der Bundesregierung“ begrüßte. Der NABU macht für den dramatischen Artenschwund ebenfalls eine durch die EU-Agrarförderung immer intensiver werdende Landwirtschaft verantwortlich. Die Förderung erfolge meist nach dem Gießkannenprinzip mittels pauschaler Flächenprämien ohne konkrete Natur- und Umweltleistungen für die Gesellschaft. „Damit muss endlich Schluss sein“, forderte NABU-Vizepräsident Thomas Tennhardt. “Öffentliche Gelder dürfen nur noch für öffentliche Leistungen vergeben werden. Dafür muss sich die Bundesregierung in Brüssel einsetzen. Ohne Druck aus Deutschland wird es keine ökologische Agrarreform geben“, so Tennhardt. (ab)

11.05.2017 |

Mehr Land für kleine Höfe: EU-Parlament will Landkonzentration stoppen

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EU-Agrarland ist stark konzentriert (Foto: CC0)

Das EU-Parlament will der weiteren Konzentration von Agrarflächen in Europa Einhalt gebieten und kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben den Zugang zu Land erleichtern. Am 27. April verabschiedeten die Parlamentarier mit breiter Mehrheit einen Initiativbericht zur aktuellen Lage der Landkonzentration und rief sowohl die EU-Kommission als auch die Regierungen der Mitgliedstaaten zu entschlossenem Handeln auf. Der Bericht zeigt, dass die großflächige Aneignung von Land für die industrielle Agrarproduktion, als Geldanlage oder für andere Zwecke nicht mehr nur ein Problem in Entwicklungsländern ist, sondern auch in der EU stark voranschreitet. Nicht nur in den ehemaligen Ostblockländern, sondern auch in vielen Teilen Westeuropas reißen sich Konzerne große Flächen Land untern den Nagel und dies oftmals unter Ausnutzung gesetzlicher Schlupflöcher. Dies hat dazu geführt, dass sich immer mehr Land in der EU in den Händen weniger befindet. Im Jahr 2013 kontrollierten in der EU 3,1% der Betriebe 52,2% der europäischen landwirtschaftlich genutzten Fläche. Hingegen verfügen 76,2% der Betriebe lediglich über 11,2% des Agrarlandes. Dies stellt die Ungleichheit der Landnutzung in der EU mit einem Gini-Koeffizienten von 0,82 auf eine Ebene mit von Ländern wie Brasilien, Kolumbien und den Philippinen, die für ihre unfaire Landverteilung berühmt-berüchtigt sind.

Die Auswirkungen dieser Landkonzentration auf ländliche Gebiete sind verheerend. Die Kauf- und Pachtpreise landwirtschaftlicher Flächen in vielen Regionen sind mittlerweile auf ein Niveau gestiegen, das zur finanziellen Spekulation einlädt und es vielen Agrarbetrieben betriebswirtschaftlich unmöglich macht, gepachtete Flächen zu behalten bzw. die zur Erhaltung lebensfähiger klein- und mittelgroßer Betriebe notwendigen Flächenaufstockungen vorzunehmen geschweige denn neue Unternehmen zu gründen, da kaum Land auf dem Markt verfügbar ist, betont das EU-Parlament in der Entschließung. Dieser Trend laufe dem europäischen Modell einer nachhaltigen, multifunktionalen und überwiegend von Familienbetrieben geprägten Landwirtschaft zuwider. Die Europaabgeordnete Maria Heubuch, die den Bericht für die Fraktion Die Grünen/EFA betreute, warnte vor den Folgen dieser neuen Dimension des Strukturwandels der vergangenen Jahrzehnte: „Einmal vernichtete bäuerliche Existenzen und Kulturlandschaften sind praktisch für immer verloren. Die EU muss jetzt zeigen, ob sie die Traditionen und die Regionalstrukturen Europas gegen zügellose Globalisierung und Spekulation besser verteidigen kann als hilflose Nationalregierungen.“

Die Entschließung unterstreicht die Bedeutung kleiner landwirtschaftlicher Familienbetriebe „für das ländliche Leben, da sie eine aktive Rolle im wirtschaftlichen Gefüge des ländlichen Raums spielen, indem sie das kulturelle Erbe und das Landleben bewahren, das gesellschaftliche Leben im ländlichen Raum stützen, natürliche Ressourcen nachhaltig nutzen und darüber hinaus gesunde und hochwertige Erzeugnisse in ausreichender Menge herstellen“. Daher ruft das Parlament die EU-Staaten auf, „kleine landwirtschaftliche Familienbetriebe und nachhaltige Produktionsmethoden zu fördern“ und „kleinen und mittelgroßen lokalen Erzeugern, Neueinsteigern und Junglandwirten beim Erwerb und bei der Pacht von Agrarland (…) Vorrang einzuräumen“. Es appelliert an die EU-Staaten, ihre Maßnahmen im Bereich der Flächennutzung so auszurichten, dass die bestehenden Fördermöglichkeiten wie Steuererleichterungen, Beihilfen und Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ausgeschöpft werden, damit das Modell einer auf Familienbetriebe gegründeten Landwirtschaft in der ganzen EU Bestand hat. Aktuell bewirkt die GAP eher das Gegenteil: 80% der EU-Subventionen gehen an nur 20% der Betriebe. Daher betont der Text, „dass es im Rahmen der reformierten GAP der Einführung von Obergrenzen und der Anpassung der Regelung für Direktzahlungen dahingehend bedarf, dass die ersten Hektar stärker ins Gewicht fallen und Investitionen und die Gewährung von Direktzahlungen für kleine landwirtschaftliche Betriebe erleichtert werden“. (ab)

08.05.2017 |

Globale Gentechnikfläche wächst, GVO- Anteil an Sojaernte sinkt

Soja
Gentechnik-Soja wächst auf 91 Millionen Hektar weltweit (Foto: CC0)

Weltweit wurden 2016 auf 185,1 Millionen Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Das vermeldet zumindest die als gentechnikfreundlich geltende Organisation „International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications“ (ISAAA) in ihrem am 4. Mai veröffentlichten Jahresbericht. Die Fläche legte 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 3% zu, nachdem die ISAAA im letzten Jahr erstmals rückläufige Hektarzahlen bekanntgeben musste. Mit 91% der globalen Anbaufläche entfiel der Löwenanteil 2016 auf gerade einmal fünf Länder: Die USA führen mit 72,9 Millionen Hektar, gefolgt von Brasilien (49,1 Mio. ha), Argentinien (23,8 Mio. ha), Kanada (11,6 Mio. ha) und Indien (10,8 Mio. ha). Im einstelligen Millionen-Bereich folgen Paraguay, Pakistan, China, Südafrika und Uruguay. Den größten Flächenzuwachs verzeichnete Brasilien: Gegenüber 2016 vergrößerte sich die mit Gentechnik-Pflanzen bestellte Fläche um 11%. Fast ein Drittel der weltweit angebauten Gentechnik-Soja wächst mit 32,7 Millionen Hektar in Brasilien. In Argentinien ging die Gentechnik-Anbaufläche 2016 hingegen um 3% und in Indien um 7% zurück.

Die wichtigste Gentechnik-Pflanze bleibt Soja, die trotz eines leichten Rückgangs mit 91,4 Millionen Hektar immer noch gut die Hälfte der globalen Gentechnik-Anbaufläche ausmacht, gefolgt von Mais (60,6 Mio. ha), Baumwolle (22,3 Mio. ha) und Raps (8,6 Mio. ha). Der Anteil der gentechnisch veränderten Pflanzen an der Gesamtanbaufläche der drei Hauptanbaupflanzen ging 2016 jedoch deutlich zurück: Auf 78% der Sojafelder wächst Gentechnik-Soja gegenüber 83% im Vorjahr. Der Anteil der Gentechnik-Baumwolle fiel von 75% auf 64% und beim Mais sind nur noch 26% statt 29% gentechnisch verändert. Lediglich Raps blieb mit einem Gentechnik-Anteil von 24% konstant. Auch wenn das häufigste Merkmal mit 47% der Gentechnik-Pflanzen immer noch die Herbizidtoleranz ist, geht der Trend zu kombinierten Merkmalen, den sogenannten stacked traits. Der Anteil der Pflanzen, die sowohl gegen Herbizide resistent sind als auch ein Insektengift produzieren, wuchs um 29% auf 75,4 Millionen Hektar an und herrscht damit auf 41% der Gentechnik-Felder vor. Auf den restlichen 12% der Gentechnik-Anbaufläche wachsen Pflanzen, die lediglich gegen Insekten resistent sind.

Wie jedes Jahr lobt die ISAAA die Errungenschaften der Gentechnik in den höchsten Tönen: Der Einsatz von Herbiziden und Insektiziden soll dadurch um 19% zurückgegangen sein. Die Artenvielfalt sei bewahrt worden, da durch die höhere Produktivität von Gentechnik-Pflanzen 2015 gut 19,4 Millionen Hektar Agrarfläche eingespart worden seien. Und zudem habe sich dank der Gentechnik in Entwicklungsländern das Einkommen von 18 Millionen Kleinbauern verbessert, die so Hunger und Armut hätten entrinnen können, rechnet ISAAA vor, zu deren Sponsoren Monsanto und die Agrarindustrievereinigung CropLife International gehören. Egal ob man den ISAAA-Zahlen Glauben schenken mag oder nicht - die gute Nachricht ist, dass immer noch mindesten 87% der weltweiten Ackerfläche von 1,41 Milliarden Hektar und 96,2% der 4,9 Milliarden Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche weiterhin gentechnikfrei sind! (ab)

05.05.2017 |

Brasilien: Gewalt gegen Indigene aufgrund von Landkonflikten eskaliert

Indigene
Indigene in Mato Grosso (Foto: Wilfred Paulse bit.ly/wpaulse bit.ly/2cc-by-nc-nd-20)

Die Gewalt gegen indigene Völker in Brasilien nimmt zu und meist sind Landkonflikte die Ursache. Streitigkeiten um Land haben in Brasilien im letzten Jahr 61 Todesopfer gefordert, die meisten von ihnen Kleinbauern und Indigene. Darauf machte die bei der katholischen Kirche angesiedelte „Comissão Pastoral da Terra“ (CPT) in ihrem Mitte April veröffentlichten Jahresbericht 2016 aufmerksam. Die Zahl der Landkonflikte in Brasilien stieg von 1.217 Auseinandersetzungen im Jahr 2015 auf 1.536 Fälle an, ein Zuwachs von 26%. Bei 1.079 Konflikten wurde Gewalt angewendet, es kam zu 74 Mordversuchen. Die Zahl der Todesopfer ist der höchste Wert seit 2003, erklärte die CPT. Die meisten der Konflikte drehten sich um Landstreitigkeiten und reichten von der Vertreibung von Kleinbauern über Drohungen bis hin zu Morden. Doch auch der Zugang zu Wasser war Anlass für mehrere Konflikte. Besonders die Vertreibung von Kleinbauernfamilien nahm stark zu: 2.539 Fälle wurden gezählt, ein Anstieg um 232% im Vergleich zu den 795 dokumentierten Vertreibungen im Vorjahr. Haupturheber seien Großgrundbesitzer und die Agrarindustrie, die Kleinbauern von den von ihnen bestellten Feldern vertreiben.

In der Amazonasregion leben Kleinbauern und Indigene besonders gefährlich. „Amazonien vereint praktisch bei allen Gewaltstatistiken die meisten Fälle auf sich: Morde, Mordversuche, Morddrohungen, Vertreibungen und Räumungen. Amazonien ist der Ort, wo das Kapital über den Rechten der Gemeinschaften und indigenen Völker steht, die vor Ort leben“, sagte Antônio Canuto von der Landpastorale dem Sender Radioagência Nacional. Doch auch das Jahr 2017 weist bereits eine blutige Bilanz auf. Bei einem Massaker an Kleinbauern in Taquarussu do Norte im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso sind am 20. April mindestens neun Menschen ermordet worden. Sie wurden mit Stich- und Schusswaffen auf dem Land getötet, das sie bearbeitetet hatten. Die Polizei vermutet einen Landkonflikt mit Farmern in der Gegend. Brasilianische Medien äußerten den Verdacht, dass Auftragsmörder von Großgrundbesitzern angeheuert worden sein könnten. Im Bundesstaat Mato Grosso, wo großflächig Soja für den Export als Tierfutter nach Europa und in andere Regionen der Welt angebaut wird, sind Landkonflikte keine Seltenheit. Immer wieder ereignen sich Vertreibungen oder Wälder werden gerodet, um neue Flächen für den Sojaanbau zu gewinnen.

Am 30. April kam es erneut zu schweren Angriffen gegen Indigene: Im Bundesstaat Maranhão im Nordosten des Landes wurden mindestens 13 Mitglieder des Gamela-Volkes zum Teil schwer verletzt, als sie von Männern mit Stöcken, Macheten und Gewehren angegriffen wurden. Einem Indigenen wurden die Hände abgetrennt. Laut dem Katholischen Missionsrat für Indigene (CIMI) hatten die Gamela ihr angestammtes Land besetzt, um dies von Rinderzüchtern zurückzufordern. Als sie sich bereits aufgrund der angespannten Lage zurückzogen, wurden sie von den Männern attackiert. (ab)

02.05.2017 |

Bis 2. Mai in Deutschland produzierte Lebensmittel waren für die Tonne

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Gelangen sie auf den Teller? (Foto: CC0)

Alle bis 2. Mai in Deutschland produzierten Lebensmittel gelangten theoretisch nicht in die Mägen der Verbraucher, sondern wurden für die Tonne angebaut. Darauf machte die Naturschutzorganisation WWF aufmerksam, um das Ausmaß der Lebensmittelverschwendung hierzulande zu verdeutlichen. Denn in der Bundesrepublik geht laut WWF gut ein Drittel des aktuellen Nahrungsmittelverbrauchs von 54,5 Millionen Tonnen auf dem Weg vom Acker zum Teller verloren oder wird verschwendet - insgesamt 18 Millionen Tonnen meist noch perfekt genießbare Lebensmittel. „Umgerechnet sind alle Nahrungsmittel, die wir in den ersten vier Monaten von 2017 produziert haben, auf dem Müll gelandet“, erklärt Tanja Dräger de Teran, WWF-Referentin für Landwirtschaft. Die 2015 veröffentlichte WWF-Studie „Das große Wegschmeißen“ rechnete vor, dass pro Sekunde in Deutschland 313 Kilo genießbare Nahrungsmittel unnötigerweise weggeworfen werden. Bei einigen Produkten ist die Verschwendung besonders hoch. Eine andere WWF-Studie hatte ergeben, dass etwa 35% der deutschen Kartoffeln nicht auf die Teller der Verbraucher gelangen, da ihr Äußeres nicht den strengen Anforderungen des Handels genügt. Jedes Jahr werden so 1,5 Millionen Tonnen Kartoffeln verschwendet – etwa 60.000 LKWs mit einem Füllgewicht von 25 Tonnen.

Das Traurige an der Lebensmittelverschwendung ist vor allem, dass der Großteil davon vermeidbar wäre. „Bereits heute können wir auch ohne den Einsatz neuer Technologien, 10 der 18 Millionen Tonnen Lebensmittelverluste vermeiden - etwa durch ein verbessertes Management entlang der Wertschöpfungskette, nachhaltigere Marketingstrategien und veränderte Konsumgewohnheiten“, betont Dräger de Teran. Den WWF-Berechnungen zufolge werden jährlich 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche – in etwa die Fläche von Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland zusammen – in Deutschland für die später weggeworfenen Lebensmittel umsonst bewirtschaftet. Hinzukommen unnötig freigesetzte Treibhausgasemissionen in Höhe von 48 Millionen Tonnen.

Angesichts dieses verheerenden Ausmaßes der Verschwendung appelliert der WWF an die Bundesregierung, endlich Worten Taten folgen zu lassen und das Problem konsequent anzugehen. „Seitens der Bundespolitik hat es in der Vergangenheit viele Ankündigungen gegeben. Aber bis heute fehlt es an einer fundierten Erfassung der Lebensmittelverluste. Damit ist es auch nicht möglich nachzuweisen, ob überhaupt und was konkret erreicht worden ist“, kritisiert Dräger de Teran. Und Fortschritte erzielt werden müssen hier, denn Deutschland hat sich zu den UN-Nachhaltigkeitszielen verpflichtet. Sustainable Development Goal (SDG) 12 sieht bis 2030 die Halbierung der Lebensmittelverschwendung im Handel und auf Verbraucherebene und die Reduzierung von Verlusten in der Produktion und der Lieferkette, einschließlich Nachernteverluste, vor. „Wir brauchen endlich eine abgestimmte nationale Strategie zur Verminderung von Lebensmittelverlusten, die klare und verbindliche Zielvorgaben vom Produzenten über die Lebensmittelindustrie bis hin zum Handel und der Gastronomie erarbeitet“, fordert Dräger de Teran. Zur Bündelung der Maßnahmen sei zudem eine schlagkräftige Koordinierungsstelle notwendig. (ab)

28.04.2017 |

Proteste gegen Bayer-Monsanto: Gefahr für Kleinbauern und Saatgutvielfalt

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Bayer-Monsanto (Foto: Friends of the Earth Europe, bit.ly/3CC-BY-NC-SA20, bit.ly/foee8)

Anlässlich der Bayer-Hauptversammlung am 28. April häufen sich die Proteste gegen eine Übernahme des US-Saatgutkonzerns Monsanto durch den deutschen Chemieriesen. Das Bündnis „Stop BAYER/Monsanto!“ hat zu einer Demonstration auf dem Platz der Vereinten Nationen in Bonn aufgerufen, den die Bayer-Aktionäre auf ihrem Weg ins World Conference Center passieren. Bereits im Vorfeld hatten entwicklungspolitische Organisationen eindringlich vor den Folgen einer Übernahme von Monsanto durch Bayer gewarnt. Die kirchlichen Hilfswerke Brot für die Welt und Misereor sowie INKOTA betonten in einer gemeinsamen Pressemitteilung, dass nach der Fusion und den geplanten Zusammenschlüssen von Dow-DuPont und ChemChina-Syngenta drei Megakonzerne fast zwei Drittel des weltweiten Marktes für Saatgut und Agrarchemikalien kontrollieren würden und damit enormen Einfluss auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie die Ernährung von Milliarden Menschen haben würden. „Kommt es zur Fusion, schrumpft der Raum für nichtkommerzielle Alternativen, weil die Marktmacht zu überwältigend ist“, sagte Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt. „Saatgutzüchtungen werden dann nur noch an den Interessen weniger Konzerne orientiert. Folge der Marktkonzentration werden vermutlich der weitere Verlust der Nutzpflanzenvielfalt, steigende Saatgutpreise und die verstärkte Abhängigkeit der Bauern von Düngemitteln und Pestiziden sein.“

Die Organisationen befürchten, dass vor allem Kleinbauern in Entwicklungsländern darunter leiden werden. Noch vermehren sie ihr lokal angepasstes Saatgut meist selbst, tauschen es aus und entwickeln es so weiter. Das von Bayer und Monsanto geförderte Agrarmodell setze dagegen auf großflächig industriell vertriebenes Saatgut und den Einsatz von Agrarchemikalien. „Der massive Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden hat vor allem im Globalen Süden verheerende Folgen“, warnt MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. Denn dort fehle es oft an staatlichen Regulierungen zum Pestizideinsatz und Aufklärung über Schutzmaßnahmen. „Partnerorganisationen berichten von gesundheitlichen Schäden durch den intensiven und ungeschützten Einsatz von Pestiziden, von verseuchten Böden und Wasserquellen“, berichtet Pirmin Spiegel.

Doch der Protest richtet sich nicht nur an die Konzerne, sondern auch an die EU-Wettbewerbshüter. Anfang April hatte die EU-Wettbewerbskommissarin grünes Licht für die Fusionen von ChemChina und Syngenta sowie Dow und Dupont gegeben. Auch die Hochzeit von Bayer und Monsanto könnte durchgewunken werden, weil die Wettbewerbskontrolle den Übernahmeprojekten der global agierenden Konzerne zu wenig entgegensetzen kann. Rund 20 umwelt-, entwicklungs- und agrarpolitische NGOs haben daher eine „Streitschrift gegen die Ohnmacht der Wettbewerbskontrolle“ veröffentlicht. Darin fordern sie strengere Regeln für Unternehmenszusammenschlüsse und weitere Maßnahmen, um Konzernmacht zu begrenzen. „Diese Fusionswelle zeigt: Wir kommen an der Frage nach der Kontrolle der Konzernmacht nicht vorbei“, sagt Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die EU von den über 300 Fusionsanträgen im Jahr 2015 keinen zurückgewiesen hat. Auch das Bundeskartellamt stoppte seit 1990 von 2.000-4.000 im Zeitraum von jeweils 24 Monaten angemeldeten Fusionen nur 5 bis 20. „Wozu haben wir eigentlich Kartellämter, wenn praktisch jede Fusion durchgewunken wird?“, fragt sich Maier. Am 29. April gehen die Proteste in Berlin weiter: Das Bündnis Stop Bayer/Monsanto! ruft zur Demo auf. (ab)

26.04.2017 |

Direktverkauf von Agrarprodukten bringt Vorteile für Verbraucher und Kleinbauern

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Gemüse auf dem Markt (Foto: CC0)

Kurze Lieferketten für Lebensmittel und der Direktverkauf auf regionalen Märkten sind für Kleinbauern und Verbraucher in Europa gleichermaßen ein Gewinn. Darauf macht ein Artikel von Euractiv in der Reihe „EU-Landwirte unter Druck“ aufmerksam, der sich auf eine Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des EU-Parlaments stützt. Die im September 2016 erschienene Studie nennt als Vorteile von kurzen Lebensmittelketten und lokalen Ernährungssystemen fairere Preise und höhere Einkommen für Landwirte, Zugang zu frischen und saisonalen Produkten für die Verbraucher, geringere Umweltauswirkungen durch kürzere Transportwege und weniger Verpackung sowie einen stärkeren sozialen Zusammenhalt auf lokaler Ebene. Dem Papier zufolge haben 2015 rund 15% der europäischen Bauern mehr als die Hälfte ihrer Produkte direkt an die Konsumenten verkauft. Meist handelt es sich hier um kleine Betriebe, denn bei großen Höfen sind es nur 3%, die mehr als die Hälfte ihrer Erzeugnisse direkt an den Mann oder die Frau bringen. In den Mitgliedsstaaten schwankt der Anteil: Während in Frankreich 21% und in Griechenland gar 25% aller Höfe im Direktverkauf tätig sind, setzen in Malta, Österreich und Spanien nur 5% der Betriebe darauf.

Meist handelt es sich bei den Lebensmitteln im Direktverkauf um frisches Obst und Gemüse, gefolgt von tierischen Produkten und Getränken. Oft sind es laut den EU-Wissenschaftlern Bio-Produkte, auch wenn sie nicht immer zertifiziert sind. „Bio-Landwirte waren die Pioniere der kurzen Lieferketten, von der Gründung von Erzeugermärkten und Hofläden hin zu solidarischer Landwirtschaft. Kurze Lieferketten helfen dabei, dass sich Erzeuger und Verbraucher wieder näher kommen“, sagte Eric Gall, stellvertretender Leiter und Policy Manager bei IFOAM EU, gegenüber Euractiv. „Außerdem werden gerechtere Preise für Beschäftigte in der Landwirtschaft erzielt.“ Genau das bestätigt die Studie: „Den Erzeugern ermöglicht es der direkte Verkauf von Agrarerzeugnissen an die Verbraucher, einen größeren Anteil des Marktwertes der Produkte einzubehalten, da Zwischenhändler wegfallen. Das kann ihr Einkommen erhöhen“, schreibt der Wissenschaftliche Dienst.

In der EU kaufen immer mehr Menschen ihre Lebensmittel direkt auf Bauernmärkten, direkt vom Hof, durch Gemüsekisten oder Formen der solidarischen Landwirtschaft. Die Studie zitiert Umfragen von Eurobarometer, wonach neun von zehn EU-Bürger der Ansicht sind, dass der Direktkauf Vorteile hat, etwa in Bezug auf die Frische und den Nährwert der Produkte oder die Umweltfreundlichkeit und den CO2-Fußabdruck der Anbaumethoden. Vier von fünf Europäern erachteten „die Stärkung der Rolle der Landwirte in der Lebensmittelkette“ zudem als fair und sehr wichtig. „Die beidseitigen Vorteile durch lokale Ernährungssysteme und kurze Lebensmittelketten erklären, warum diese in letzter Zeit in allen EU-Staaten an Boden gewonnen haben“, so die Studie. „Sie sind eine Alternative zu konventionellen, längeren Nahrungsmittelketten mit großen Händlern wie Supermärkten, in denen Verbraucher anonyme Lebensmittel kaufen ohne Hinweis auf den dem Produzenten gezahlten Preis. Sie sind eine Form, um Konsumenten und Erzeuger zu verbinden und die Agrarpoduktion zu relokalisieren.“

Doch die Studie nennt auch Hürden für den Ausbau der Direktvermarktung. Die Produktionsmengen in kurzen Lieferketten seien oft beschränkt und die Nachfrage größerer Kunden, wie z.B. öffentlichen Einrichtungen, könne nicht immer bedient werden. Der Einstieg in den Direktverkauf erfordere zudem Wissen und Fertigkeiten, Papierkram und Investitionen in Gebäude und Räumlichkeiten für den Verkauf. Laut Genevieve Savigny, Politikberaterin des europäischen Koordinations-Kommittees „Via Campesina“, brauchen daher Familienbetriebe, die ohnehin schon angesichts der wachsenden Konzentration der Agrobusiness mit massiven Problemen zu kämpfen hätten, z.B. Milchviehbetriebe, mehr Unterstützung durch die EU-Agrarpolitik (GAP). „Für Produzenten, die direkt verkaufen, muss die GAP Investitionen in Geräte, die im Betrieb oder in der Genossenschaft genutzt werden, ermöglichen.“ Direkte Zahlungen sollten Savigny zufolge pro ‚aktiver Person‘ getätigt werden, nicht pro Hektar bewirtschafteter Fläche. „Wir brauchen eine faire GAP, um sicherzustellen, dass Bauern angemessene Preise und Einkünfte erzielen können”, fordert Savigny. (ab)

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