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24.10.2016 | permalink
GRAIN: Besserer Zugang zu Land für Bäuerinnen in Lateinamerika nötig

Der fehlende Zugang zu Land ist eines der gravierendsten Probleme für Frauen in ländlichen Gebieten in Lateinamerika und anderen Teilen der Welt. Darauf macht die Nichtregierungsorganisation GRAIN in einer neuen Veröffentlichung aufmerksam. Weltweit gibt es ungefähr 1,6 Milliarden Bäuerinnen – das sind mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung – doch laut Autorin Claudia Korol befinden sich nur zwei Prozent des Landes weltweit in deren Besitz und nur ein Prozent der landwirtschaftlichen Kredite werden Bäuerinnen gewährt. Auch wenn Frauen eine grundlegende Rolle in der Landwirtschaft spielen, besitzen sie weniger Land und vor allem weniger fruchtbares Land als Männer, betont Korol unter Berufung auf Studien zum Landbesitz in Frauenhand in Lateinamerika. Eine Vielzahl von Faktoren trage dazu bei, zum Beispiel die privilegierte Position des Mannes in der Ehe, das Erbschaftsrecht, das Männer begünstige oder die Bevorzugung von Männern bei staatlichen Programmen zur Landverteilung und Vergabe von Landtiteln. „Mit anderen Worten: Frauen arbeiten unermüdlich und sie tun dies unter Bedingungen tiefgehender Ungleichheit und Unterdrückung“, schreibt Korol. Denn Frauen im ländlichen Raum arbeiten oft bis zu 12 Stunden täglich im Garten und kümmern sich um die Tiere, sammeln Kräuter und Beeren, holen Wasser, kochen und konservieren Lebensmittel oder betreuen die Kinder und ältere oder kranke Familienmitglieder. Doch diese Arbeit der Millionen Bäuerinnen in Lateinamerika und weltweit bleibt unsichtbar, schreibt Korol, von der in Kürze ein spanischsprachiges Buch zum Thema erscheinen wird. „Wenn wir im Falle von Frauen auf dem Land von unsichtbarer Arbeit sprechen, beziehen wir uns auf diese Art der unbezahlten Arbeit im Haushalt“, schreibt Korol. „Sich um den Garten, Tiere, Saatgut, die Ernte von Obst und das Wasserholen zu kümmern, das sind unbezahlte Tätigkeiten, obwohl sie Lebensmittel bereitstellen und die Rahmenbedingungen schaffen für das Überleben von Millionen Menschen weltweit.“ Diese unsichtbare Arbeit von Millionen Bäuerinnen in Lateinamerika verfestigt ein System, in dem Frauen nicht wirtschaftliche entlohnt werden und verstärkt die Unterschiede zwischen Frauen und Männern in Bezug auf den Zugang zu Land, Krediten und Agrarberatung, betont Karol und fordert eine zügige Veränderung dieser Strukturen. (ab)
20.10.2016 | permalink
FAO: Kleinbauern gegen den Klimawandel wappnen beugt Hunger vor

Der Klimawandel erfordert die zügige Umgestaltung unserer Agrar- und Ernährungssysteme und mehr Unterstützung für Kleinbauern, damit nicht noch mehr Menschen in die extreme Armut abgleiten. Darauf macht ein am 17. Oktober veröffentlichter Bericht der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO aufmerksam. Die Landwirtschaft stehe vor der enormen Herausforderung, Lebensmittel für eine wachsende Weltbevölkerung zu produzieren, die dabei entstehenden Treibhausgasemissionen zu verringern und sich an den Klimawandel anzupassen. Die Autoren von „The State of Food and Agriculture 2016” betonen, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft sowie die Folgen für die Ernährungssicherheit schon heute alarmierend seien. Doch bei einem “Weiter wie bisher” könnten bis 2030 weitere 122 Millionen Menschen in die extreme Armut stürzen, der Großteil von ihnen Kleinbauern, da landwirtschaftliche Einkommen sinken. „Es besteht kein Zweifel daran, dass der Klimawandel die Ernährungssicherheit beeinträchtigt“, sagt FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva. „Er bringt die Unsicherheiten aus den Zeiten zurück, als wir noch Jäger und Sammler waren. Wir können uns nicht mehr sicher sein, dass wir das ernten, was wir gepflanzt haben.” Die Ernteerträge einiger Getreidesorten brechen bereits ein. Subsahara-Afrika und Südostasien werden am stärksten betroffen sein – und damit die Regionen, in denen jetzt schon die meisten Hungernden leben. Die Menschen, deren Existenz von der Landwirtschaft abhängt, trifft es am härtesten. Arme Menschen in den Städten und auf dem Land werden mit höheren und schwankenden Lebensmittelpreisen rechnen müssen. „Jeder wird den Preis dafür zahlen müssen, nicht nur jene, die von Dürren betroffen sind“, warnt Graziano da Silva. Es sei entscheidend für die Armuts- und Hungerbekämpfung, dass die mehr als 500 Millionen Kleinbauern weltweit mehr Unterstützung bei der Anpassung an den Klimawandel erhalten. Kleinbauernfamilien sollten klimafreundliche Anbaupraktiken anwenden, die Agrarproduktion auf den Höfen diversifizieren und sich breiter aufstellen, damit sie auch über von der Landwirtschaft unabhängige Arbeit und Einkommen verfügen. Agrarökologie und nachhaltige Intensivierung sind laut FAO Beispiele für Ansätze, die Erträge und Widerstandsfähigkeit steigern können, z.B. durch Praktiken wie Gründüngung, stickstoffbindende Zwischenfrüchte und nachhaltiges Bodenmanagement, sowie die Einbindung von Agroforstsystemen und Tierhaltung. Schätzungen zufolge könne allein durch die ausgeweitete Nutzung stickstoffeffizienter Sorten die Zahl der 2050 einem Hungerrisiko ausgesetzten Menschen um gut 120 Millionen sinken. Statt Nassreisanbau könnte durch abwechselndes Wässern und Trocknen der Reisfelder der Methanausstoß um 45% verringert werden. Das spart Wasser und erzielt vergleichbare Erträge wie bei dauerhafter Flutung der Felder. Es gibt kostengünstige und nachhaltige Anbaupraktiken, betont die FAO, nur die Hürden für ihre Anwendung müssen überwunden werden. Dazu zählen Subventionen für nicht nachhaltige Anbaumethoden, schlecht abgestimmte Anreize und unzureichender Zugang zu Märkten, Krediten, Agrarberatung und Sozialprogrammen – hier sind besonders Frauen benachteiligt. Nun ist schnelles Handeln gefragt, betonen die Autoren, denn die Folgen des Klimawandels werden sich mit der Zeit verstärken. (ab)
- FAO: Agriculture has big role to play in curbing greenhouse gas emissions
- In Brief: The State of Food and Agriculture
- klimaretter.info: Welternährungsorganisation: Agrarwende!
- Deutschlandfunk: Kampf gegen den Hunger - UNO fordert klimafreundliche Landwirtschaft
- Slow Food: The FAO's “The State of Food and Agriculture 2016”, has been released today
18.10.2016 | permalink
Interview: Hans Herren fordert radikale Umgestaltung der Landwirtschaft

Zur Bewältigung künftiger Herausforderungen bedarf es einer radikalen Umgestaltung der Landwirtschaft und industrieller Lebensmittelsysteme. Das fordert Hans Herren, Ko-Präsident des Weltagrarberichts und Gewinner des Welternährungspreises sowie zahlreicher anderer Auszeichnungen, in einem Interview. In der neuen Broschüre „Agriculture at a Crossroads: IAASTD findings and recommendations for future farming“ zieht Herren Bilanz zur Wirkung des 2009 veröffentlichten Weltagrarberichts und nimmt aktuelle Debatten im Bereich Welternährung, Klima und Landwirtschaft in den Blick. „Die entscheidende Handlungsoption, die vom Weltagrarbericht ausging, lautet, dass in der globalen Landwirtschaft ein Kurswechsel hin zur Agrarökologie erfolgen muss, um die Herausforderungen einer nachhaltigen und gerechten Entwicklung zu meistern“, betont Herren, der nun Präsident des Millennium Institute in Washington und der Schweizer Stiftung Biovision ist. Die Erkenntnis, dass unsere heutigen Agrar- und Ernährungssysteme nicht im Einklang mit den Erfordernissen einer nachhaltigen Welt sind, habe sich mittlerweile etabliert. „Es ist befriedigend zu sehen, dass die Debatten und das Geschehen rund um die Agrarökologie an Schwung gewonnen haben.“ Die Botschaft des Weltagrarberichts, dass die Landwirtschaft zur Lösung globaler Probleme beitragen muss, statt diese weiter zu befeuern, und dass ein „radikaler Neustart“ notwendig ist, um ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit zu verwirklichen, sei endlich im Mainstream angekommen – „trotz des starken Widerstands von Interessengruppen, der Agrarindustrie und großer Stiftungen.“ Herren räumt aber auch ein, dass nicht alle Erkenntnisse auf fruchtbaren Boden fielen: Weitgehend ignoriert werde die Empfehlung, dass auch eine radikale Umgestaltung industrieller Lebensmittelsysteme nötig sei. „Es wird weiter davon ausgegangen, dass Industrienationen mit ihren nicht nachhaltigen industriellen Agrar- und Ernährungssystemen die ‚Welt ernähren‘ müssen. Die Botschaft, dass Länder ihre eigene Fähigkeit ausbauen müssen, Lebensmittel zu produzieren und ihre Bäuerinnen und Bauern zu schützen – oft auch als Ernährungssouveränität bezeichnet – muss erst noch in der Agrar- und Ernährungspolitik der Industriestaaten ankommen.“ Entwicklungsländer müssten ebenfalls noch stärkere Anstrengungen unternehmen, um die vom Weltagrarbericht aufgezeigten Handlungsoptionen umzusetzen. Herren zufolge laute eine Hauptausrede, dass die Umsetzung radikaler Veränderungen zu teuer sei. „Tatsächlich ist es jedoch unverantwortlich, nicht jetzt Geld zu investieren, um das System umzustellen auf agrarökologische und regenerative Praktiken und Wissenschaft“, stellt Herren klar. Der vom UN-Umweltprogramm (UNEP) veröffentlichte Green Economy Report habe bereits 2011 aufgezeigt, dass die Umsetzung der Empfehlungen des Weltagrarberichts bis 2050 möglich wäre – mit gerade einmal einem Drittel der aktuell gezahlten Agrarsubventionen. „Wir würden mit weniger Land und Wasser immer noch genug Lebensmittel in der Menge und Qualität produzieren, die benötigt wird, um 9 bis 10 Milliarden Menschen zu ernähren.“ Herren zeigt sich optimistisch: „Positive Entwicklungen können vielerorts beobachtet werden, es gibt eine gute Wissensproduktion im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft wie vom Weltagrarbericht definiert, doch die Regierungen sind noch nicht dazu bereit, die Kosten für Forschung und Entwicklung im Bereich Agrarökologie, ökologische und regenerative Landwirtschaft zu tragen und überlassen die Arbeit den NGOs.“ Die 2015 verabschiedeten UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) betrachtet Herren als Chance. „Es gibt viele Unterziele zu Landwirtschaft und Ernährung und sie sind von großer Relevanz, um die vom Weltagrarbericht empfohlene Umgestaltung der Landwirtschaft zu fördern. Es besteht die fantastische Gelegenheit, Synergien zu schaffen angesichts der Tatsache, dass Landwirtschaft und Ernährung so eng mit allen Sektoren und Dimensionen nachhaltiger Entwicklung verknüpft sind. Es ist nun unerlässlich, dass die SDGs unverzüglich umgesetzt werden mit einem Fokus auf das Ernährungssystem, eine nachhaltige Landwirtschaft und Agrarökologie.“ (ab)
17.10.2016 | permalink
Broschüre: SDGs erfordern Kurswechsel in der globalen Landwirtschaft

„Weiter wie bisher ist keine Option” – so lautete der Weckruf des Weltagrarberichts. Seit seiner Veröffentlichung im Jahr 2009 hat sich die globale Debatte über die Zukunft von Landwirtschaft und Ernährung weiterentwickelt, doch die Erkenntnisse des Berichts besitzen immer noch Relevanz. Einige seiner Kernbotschaften haben sich etabliert und fanden auch Eingang in die UN-Nachhaltigkeitsziele. Die von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft veröffentlichte Broschüre „Agriculture at a Crossroads: IAASTD findings and recommendations for future farming” fasst die Ergebnisse des Weltagrarberichts zusammen und verknüpft diese mit aktuellen Herausforderungen und Zielen im Bereich Landwirtschaft und Ernährung. Für den Weltagrarbericht hatten mehr als 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Kontinente und Fachrichtungen im Auftrag der Vereinten Nationen und der Weltbank vier Jahre lang gemeinsam an einer globalen Bestandsaufnahme von landwirtschaftlichem Wissen, Forschung und Technologie gearbeitet. Sie wählten eine Perspektive, die 50 Jahre zurückschaute und soweit möglich auch die Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte in den Blick nahm. Das Resultat war das International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development (IAASTD). Die Autoren dieses Weltagrarberichts zogen ein klares Fazit: Ein radikaler Kurswechsel in der globalen Landwirtschaft ist notwendig, um künftige Herausforderungen wie den Klimawandel, eine wachsende Weltbevölkerung sowie soziale und ökologische Probleme bewältigen zu können. Der Weltagrarbericht räumt mit dem Mythos der Überlegenheit industrieller Landwirtschaft aus wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Sicht auf und plädiert für einen Paradigmenwechsel, der die entscheidende Rolle von Kleinbauern für die Welternährung anerkennt. Denn kleinbäuerliche Strukturen sind die besten Garanten für lokale Ernährungssicherheit, die Bewahrung der natürlichen Ressourcen und sie können als Motor ländlicher Entwicklung dienen. Die englische Broschüre präsentiert auf 52 Seiten die Kernbotschaften des Weltagrarberichts und beleuchtet diese neu, angereichert mit aktualisierten Fakten und Zahlen, Grafiken und Karten sowie Erkenntnissen von nachfolgenden wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Die Broschüre deckt eine große Bandbreite an Themen ab wie Hunger und Gesundheit, Fleisch und Futtermittel, bäuerliche und industrielle Landwirtschaft, Agrarökologie, Klima und Energie, Bodenfruchtbarkeit, Saatgut oder Landgrabbing. Eingebettet in den Text sind Kernzitate aus dem Originalbericht sowie eine Sammlung von Leuchtturmprojekten und vielversprechenden Ansätzen für nachhaltige Landwirtschafts- und Ernährungssysteme. Die Broschüre verknüpft zudem die Ergebnisse des Weltagrarberichts mit den 2015 von der internationalen Gemeinschaft verabschiedeten Sustainable Development Goals (SDGs). „Der Weltagrarbericht hat einen Paradigmenwechsel ausgelöst weg vom Produktivismus hin zur Suffizienz“, sagt Benedikt Haerlin, Leiter des Berliner Büros der Zukunftsstiftung Landwirtschaft und ehemaliger NGO-Vertreter im IAASTD-Aufsichtsrat. Hans Herren, Ko-Präsident des Weltagrarberichts und Gewinner des Welternährungspreises, sagt in einem Interview in der Broschüre: „Die Landwirtschaft muss sich wandeln: Statt Probleme zu verursachen, muss sie einen Beitrag leisten zur Bewältigung von Herausforderungen wie Klimawandel, öffentliche Gesundheit, Umweltzerstörung, Höfesterben und die Abwanderung vom Land in die Städte. Die entscheidende Handlungsoption, die vom Weltagrarbericht ausging, lautet, dass die globale Landwirtschaft zur Agrarökologie übergehen muss, um die Herausforderungen einer nachhaltigen und gerechten Entwicklung zu meistern.“ Herren betonte zudem: „Es ist nun unerlässlich, dass die SDGs unverzüglich umgesetzt werden mit einem Fokus auf das Ernährungssystem, eine nachhaltige Landwirtschaft und Agrarökologie.“
14.10.2016 | permalink
Ökolandbau als ressourcenschonender Weg aus der Hungerkrise

Die Weltbevölkerung muss auf eine Art Landwirtschaft betreiben und sich ernähren, die weder Menschen im globalen Süden noch künftige Generationen ihrer Lebens- und Produktionsgrundlagen beraubt. Darauf macht der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) anlässlich des Welternährungstages am 16. Oktober aufmerksam. „Wenn wir zulasten von Umwelt und Natur Lebensmittel im Überschuss herstellen, die wir zu Dumping-Preisen auf den Märkten des Südens verkaufen, schädigt das die lokalen Märkte. Wenn wir auf über 30 Millionen Hektar in Südamerika die Sojabohnen für unsere industrielle Tierhaltung anbauen lassen, fehlen die Flächen dort für Lebensmittelerzeugung. Und wenn unsere Entwicklungspolitik statt auf agrarökologische Ansätze auf die Verbreitung unseres teuren, inputintensiven Landwirtschaftssystems setzt, geraten Kleinbauern in die Abhängigkeit von Chemieriesen wie Bayer und Co“, warnte BÖLW-Vorsitzender Felix Prinz zu Löwenstein. Millionen von Kleinbauern weltweit, die im Schnitt weniger als zwei Hektar bewirtschaften, produzieren den größten Teil aller Lebensmittel. In Asien und Afrika sind es nach Angaben der FAO gut 80 Prozent. Gleichzeit stellen sie den Löwenanteil der weltweit 800 Millionen Menschen, die chronisch unterernährt sind. Wenn also das zweite UN-Nachhaltigkeitsziel (SDG2) erreicht werden soll, bis 2030 Hunger und Mangelernährung zu beseitigen, bedarf es mehr Unterstützung für Kleinbauern. Der BÖLW verweist auf die Ergebnisse des Weltagrarberichts: Kleinbäuerliche, arbeitsintensivere und auf Vielfalt ausgerichtete Strukturen sind die Garanten einer sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen Lebensmittelversorgung durch widerstandsfähige Anbau- und Verteilungssysteme, lautet dessen Fazit. Investitionen in die kleinbäuerliche Produktion hält der Bericht für das dringendste, sicherste und vielversprechendste Mittel, um den Hunger zu bekämpfen und zugleich die ökologischen Auswirkungen der Landwirtschaft zu minimieren. In verbesserten Anbaumethoden, einfachen Technologien und Kenntnissen, angepasstem Saatgut und einer Vielzahl agrarökologischer Strategien sieht der Weltagrarbericht ein gewaltiges Produktivitäts- und Nachhaltigkeitspotenzial. „Die Frage ist zunächst einmal, welche Art der Landwirtschaft sich die Menschen leisten können“, sagt Löwenstein im Interview mit Oekolandbau.de. „Je weniger die Bauern zukaufen müssen, um Landwirtschaft zu betreiben, umso besser.“ Doch ökologische Anbaumethoden sind nicht nur für Kleinbauern in Entwicklungsländern als Ausweg aus der Hungerkrise relevant. „Auch die Klimakrise lässt sich nur lösen, wenn die Landwirtschaft klimafreundlicher und damit ökologischer wird." (ab)
13.10.2016 | permalink
Mit Agrarökologie die Ernährungswende gestalten und Kleinbauern fördern

Agrarökologische Ansätze und alternative Vermarktungsformen müssen stärker gefördert werden, damit eine Ernährungswende weiter vorankommt. Das zeigt eine von mehreren Organisationen publizierte Broschüre, die praxiserprobte Ansätze aus Nord und Süd für eine soziale und ökologische Neuorientierung der Landwirtschaft vorstellt. Auch die Bundesregierung stehe in der Pflicht, betonen Brot für Welt, FIAN, das Forum Umwelt und Entwicklung, die Heinrich-Böll-Stiftung, INKOTA, MISEREOR, Oxfam und die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Statt um Profite für Agrarkonzerne müsse sie sich um mehr Unterstützung für Kleinbauern und Kleinbäuerinnen weltweit, den Schutz von Umwelt und Gesundheit sowie um gute Ernährung für alle bemühen. „Die Umsetzung einer sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Landwirtschaft verlangt tiefgreifende strukturelle Veränderungen von der Politik“, unterstreicht Sarah Schneider, Referentin für Landwirtschaft bei MISEREOR. „Anbaumethoden, die natürliche Ressourcen schützen und die bäuerliche Selbstbestimmung fördern, müssen seitens der Politik und der Wissenschaft stärker unterstützt werden, sowohl finanziell als auch durch Beratung und partizipative Forschung“, so Schneider. Bereits der 2008 veröffentlichte Weltagrarbericht, an dem mehr als 400 Wissenschaftler aller Kontinente und Fachrichtungen mitgearbeitet hatten, bezeichnete Wissenschaft und Forschung als wichtige Stellschrauben zur Förderung von Agrarökologie. „Doch weltweit gibt es nur wenige öffentlich finanzierte Agrarforschungsprojekte, die eine Grundlage für agrarökologischen Wandel schaffen“, besagt die Broschüre. Mit vielfältigen Beispielen – von Saatgutbanken in Vietnam bis hin zu Bauernmärkten in Kolumbien, verdeutlicht sie, wie Kleinbauern mit agrarökologischen Anbauverfahren die Bodenfruchtbarkeit und natürliche Ressourcen schützen, die Vielfalt auf den Äckern und Tellern fördern, und wie durch innovative Vermarktungswege viele Menschen mit frischen und gesunden Lebensmitteln versorgt werden. „Bei der Agrarökologie geht es nicht nur um eine Landwirtschaft, mit der der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln verringert, Pflanzenreste recycelt und biologische Prozesse für den Anbau von Lebensmitteln nutzbar gemacht werden“, schreibt der Ex-UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Prof. Olivier De Schutter. „ Die Agrarökologie stellt eine bestimmte Sichtweise auf unser Verhältnis zur Natur dar. Um diese Sichtweise bildet sich eine wachsende soziale Bewegung, die den direkten Austausch von Informationen zwischen Bauern und Bäuerinnen fördert. Dabei geht es in erster Linie um die Entwicklung lokal angepasster bäuerlicher Lösungen, die mit den verfügbaren Ressourcen auskommen.“ Es gibt aber auch Widerstand von Unternehmen und Regierungen. „Große Player der Agrar- und Ernährungsindustrie widersetzen sich neuen Regeln, die ihre Position im Ernährungssystem bedrohen und bäuerlichen Erzeuger*innen nicht nur die Rolle als Abnehmer*innen von Saatgut, Pestiziden und Düngemitteln und als Lieferant*innen von Rohstoffen zuweisen“, schreibt De Schutter. Agrarökologie kann nur dann erfolgreich sein, wenn die politisch-ökonomischen Hindernisse eines Wandels überwunden werden, lautet das Fazit der Broschüre. Die deutsche Entwicklungspolitik sollte daher agrarökologische und bäuerliche Praktiken fördern, statt die Kooperation mit den Großkonzernen zu vertiefen“, fordert Stig Tanzmann, Landwirtschaftsexperte bei Brot für die Welt. (ab)
12.10.2016 | permalink
Landnahme: Investoren eignen sich 26,7 Millionen Hektar Agrarflächen an

Der Run auf Ackerland hält an: Rund 26,7 Millionen Hektar Land haben sich Investoren seit dem Jahr 2000 weltweit für landwirtschaftliche Zwecke angeeignet – eine Fläche so groß wie das Vereinigte Königreich und Slowenien zusammen. Das geht aus einem neuen Bericht der Landmatrix hervor, einer unabhängigen Initiative, die Daten zu großflächigen Landkäufen in Staaten mit niedrigem und mittlerem Einkommens erfasst und auswertet. Damit sind gut 2% der globalen Ackerfläche seither in den Besitz von Investoren übergegangen. Der Bericht „Land Matrix Analytical Report II: International Land Deals for Agriculture“ zeigt eine noch weitaus größeres Ausmaß des Landhungers: Insgesamt sind in der Landmatrix-Datenbank 1.204 abgeschlossene Geschäfte gelistet, die sich insgesamt auf über 42,2 Millionen Hektar Land erstrecken. 1004 davon haben die landwirtschaftliche Nutzung zum Ziel. Hinzu kommen geplante Deals im Umfang von 20 Millionen Hektar sowie mittlerweile geplatzte Geschäfte über 7,2 Millionen Hektar. Bei 70% der 1004 Agrardeals wird bereits angebaut: „Wir beobachten, dass immer mehr Agrarflächen nicht nur den Besitzer gewechselt haben, sondern zunehmend aktiv bewirtschaftet und genutzt werden – zum Beispiel für den Anbau von Getreide, Ölpalmen und Zuckerrohr“, so GIGA Research Fellow Dr. Kerstin Nolte, eine der Autorinnen des Berichts. Mit 9,2 Millionen Hektar oder 38% ist das Hauptziel der Landnahmen für landwirtschaftliche Nutzung zwar der Anbau von Lebensmitteln, aber bei 23% der Fläche ist das Ziel der Nutzung noch unklar. Das heißt es werden Flexcrops wie Ölpalmen angebaut, die je nach Bedarf der Produktion von Lebensmitteln, Biosprit, Tierfutter oder Kosmetik dienen können. Flächen für die Biospritproduktion machen 21% aus. Der am stärksten betroffene Kontinent ist Afrika. Dort erfasste der Bericht 422 Abkommen über eine Gesamtfläche von 10 Millionen Hektar. Beliebt sind aber auch Osteuropa und Südostasien. Die meisten Investoren stammen aus Malaysia, den USA, Großbritannien, Singapur und Saudi-Arabien. Westeuropäische Investoren haben sich in 315 Deals 7,3 Millionen Hektar unter den Nagel gerissen. Für Deutschland listet die Land Matrix aktuell 26 Geschäfte im Umfang von 433.000 Hektar. Bei den angeeigneten Flächen handelt es sich nicht um unberührtes Land, sondern meist um Land, das zuvor von der Bevölkerung vor Ort landwirtschaftlich genutzt wurde. Betroffene Gemeinden werden oftmals nicht vorab konsultiert oder in Verhandlungen einbezogen. Nicht selten führen Landgeschäfte zur Vertreibung von Gemeinden. „Die Auswirkungen auf die betroffenen Bevölkerungsgruppen vor Ort werden sich in den nächsten Jahren vermutlich weiter verschärfen“, warnt Markus Giger von der Universität Bern und Mitautor des Berichts. „Ein Mangel an Transparenz und die Marginalisierung der lokalen Akteure schwächen die Verhandlungsposition der Kleinbauern und indigenen Völker.“ Während in der Anfangsphase eines Projekts beim Aufbau von Gebäuden und Infrastruktur meist Arbeitskräfte benötigt werden, nimmt der Bedarf mit Einsetzen der landwirtschaftlichen Produktion ab. „Die geringe Arbeitsintensität legt nahe, dass kapitalintensive Produktionsmethoden vorherrschen und daher die Kapazität zur Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum begrenzt ist“, so der Bericht. Mit Blick auf das Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele fordern die Autoren eine Überwachung der sozialen und ökologischen Auswirkungen großflächiger Landgeschäfte. (ab)
11.10.2016 | permalink
US-Agrarexporte stillen nicht den Welt- sondern den Fleischhunger

Die US-amerikanische Landwirtschaft produziert nicht für die Armen und Hungernden der Welt, sondern der Löwenanteil der Agrarexporte geht an reiche Länder. Das ist die Botschaft eines neuen Berichts der Umwelt- und Verbraucherorganisation Environmental Working Group (EWG), der den von der Agrarlobby genährten Mythos, dass US-Farmer ihre Produktion zur Ernährung einer wachsenden und millionenfach hungernden Weltbevölkerung verdoppeln müssen, ordentlich zerpflückt. „Wir wollten die falsche Vorstellung, dass US-Landwirte Menschen in von Unterernährung betroffenen Ländern ernähren, und die Behauptung, dass sogenannte „moderne“ landwirtschaftliche Verfahren dazu die einzige Lösung sind, auseinander nehmen“, erklärt die Autorin des Berichts, Anne Weir Schechinger von der EWG. „Es handelt sich schlichtweg um einen Mythos, der vom US-Agribusiness übernommen und eingesetzt wird, um die Öffentlichkeit von der Realität abzulenken. Die unbestrittene Tatsache ist, dass wir vor allem Fleischprodukte und Futtermittel an die reichsten Länder exportieren und wenig Lebensmittel an die Nationen, die Schwierigkeiten haben, ihre Bevölkerung zu ernähren.“ Den EWG-Analysen zufolge entfielen 2015 rund 86% der Agrarexporte nach Warenwert (114,4 Milliarden US-Dollar) auf die 20 Hauptimporteure – 19 einzelne Länder und die EU. Fast alle dieser Hauptabnehmer erzielten beim Human Development Index (HDI) hohe oder sehr hohe Werte für menschliche Entwicklung und nur ein geringer Anteil der Bevölkerung litt an Unterernährung. Die meisten Exporte gingen nach Kanada, China, Mexiko, die EU, Japan und Südkorea. 2015 machten Fleisch und Milchprodukte sowie Tierfutter 50% der US-Agrarexporte an die Top-20 aus. Dies bedeutet, dass die US-Exporte vor allem dazu dienen, die Nachfrage nach mehr Fleisch und einer abwechslungsreicheren Ernährung der bereits wohlhabenden Länder oder denen mit einer wachsenden Mittelschicht zu decken. Weniger als 1% der US-Agrarexporte war für die 19 am stärksten von Unterernährung betroffenen Länder bestimmt, darunter Haiti, Jemen und Äthiopien. Die Exporte aus den USA machten zwischen 2004 und 2013 gemeinsam mit Lebensmittelhilfe gerade einmal zwischen 2 und 4.4% der Lebensmittelvorräte dieser 19 Länder aus. „Die Behauptung, dass US-Landwirte und Agrarkonzerne die Welt ernähren müssen, ungeachtet der Folgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, verhüllt eine Geschäftsmöglichkeit unter dem Deckmantel der moralischen Notwendigkeit“, kritisiert der Bericht. Sie diene dazu, die industrielle Landwirtschaft mit ihrer Abhängigkeit von Mineraldünger und Pestiziden, die mit einer beträchtlichen Belastung von Luft, Wasser und Böden und für die menschliche Gesundheit einhergehe, zu legitimieren. Die Hauptursache für Hunger bleibt Armut, betont der Bericht. Wenn US-Agrarkonzerne wirklich den Welthunger beseitigen wollen, sollten sie Kleinbauern in Entwicklungsländern dabei unterstützen, ihre Produktivität und Einkommen zu verbessern und agrarökologische Anbaumethoden fördern, schlussfolgert der Bericht. „Die Reduzierung der Armut, die Erhöhung des Einkommens von Frauen, Ernährungserziehung, die Verbesserung der Infrastruktur wie von Straßen und Märkten zur Eröffnung des Zugangs zu Nahrung und die Beendigung von Kriegen und Konflikten – all dies könnte unterernährten Menschen weltweit dabei helfen, sich selbst besser zu ernähren.“ (ab)
06.10.2016 | permalink
Preise für Ackerland in Deutschland explodieren weiter

Die Preise für Ackerland in Deutschland explodieren weiter: In den letzten 10 Jahren haben sich der Kaufwerte für landwirtschaftliche Grundstücke mehr als verdoppelt. Experten gehen davon aus, dass dieser Trend anhalten wird, da immer mehr nicht-landwirtschaftliche Investoren auf Ackerland als Geldanlage setzten und aufgrund knapper Flächen Landwirte zunehmend mit Siedlungsbau und Verkehr konkurrieren müssen. Einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur zufolge geht das Landwirtschaftsministerium davon aus, dass Kauf- und Pachtpreise kurz- und mittelfristig weiter anziehen werden, da der Druck auf den Bodenmarkt nicht nachlässt: „Außerlandwirtschaftliches Investorenkapital sucht sich verstärkt Anlagemöglichkeiten im Agrarbereich“, hieß es laut dpa auf Anfrage. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes mussten Landwirte im Jahr 2015 für den Hektar im bundesdeutschen Durchschnitt 19.578 Euro auf den Tisch legen. Zwei Jahre zuvor waren es mit 16.381 Euro gut 3000 Euro weniger, während 2006 der Preis pro Hektar noch bei 8909 Euro lag. Die regionalen Unterschiede sind noch stark ausgeprägt: Im früheren Bundesgebiet kostete 2015 der Hektar im Schnitt 29.911 Euro, Bauern in den neuen Bundesländern mussten „nur“ 14.197 Euro berappen. Spitzenreiter ist Bayern mit einem stolzen Preis von 47.358 Euro je Hektar Fläche für die landwirtschaftliche Nutzung, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 38.720 Euro. Im Saarland mussten Käufer nur 9.972 Euro auslegen, auch in Thüringen und Sachsen war der Hektar mit 10.450 bzw. 10.871 Euro erschwinglicher. Neuere Zahlen für 2016 wurden noch nicht veröffentlicht, doch eine Trendwende gilt als unwahrscheinlich. Denn die für die Landwirtschaft zur Verfügung stehende Fläche wird immer knapper. Während der letzten 60 Jahre hat sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland mehr als verdoppelt. Im Jahr 2014 wurde täglich eine Fläche von 69 Hektar neu ausgewiesen - meist zulasten der Landwirtschaft und fruchtbarer Böden. Das entspricht etwa der Größe von 100 Fußballfeldern. Das Ziel der Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, bis 2020 die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungen und Verkehr auf 30 Hektar pro Tag zu verringern, ist immer noch in weiter Ferne. In Nordrhein-Westfalen nahm der Wert für neu versiegelte Flächen im letzten Jahr sogar wieder zu. Nach Zahlen des Landesamtes für Statistik wuchs die Siedlungs- und Verkehrsfläche um satte 9,3 Hektar – täglich. 2014 lag der Wert noch bei 9 Hektar. „Auf Beton wächst kein Brot und entwickelt sich erst recht kein Artenreichtum“, kritisierte der Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes, Bernhard Conzen. (ab)
- Statistisches Bundesamt: Kaufwerte für landwirtschaftliche Grundstücke
- EurActiv: Strukturveränderungen in Deutschland durch steigende Preise für landwirtschaftliche Nutzflächen
- WAZ.de: 9,3 Hektar pro Tag versiegelt – Flächenfraß nimmt wieder zu
- NWZ: Böden Aus Gold: Preise für Ackerland steigen weiterhin an
30.09.2016 | permalink
Aussortierte Lebensmittel: Deutsche wollen Spendenpflicht für Supermärkte

Eine klare Mehrheit der Deutschen will, dass Supermärkte per Gesetz zum Spenden von abgelaufenen Lebensmitteln verpflichtet werden. Zu diesem Ergebnis gelangt eine repräsentative Umfrage von Infratest dimap, die einer dpa-Meldung zufolge im Auftrag der Organisation abgeordnetenwatch.de Ende September bundesweit durchgeführt wurde. Demnach sprachen sich 87% der Befragten für ein solches Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung aus. Rückhalt für eine Spendenpflicht gibt es in allen politischen Lagern – die Zustimmung reichte von 95% bei Grünen-Wählern bis zu 72% bei FDP-Anhängern. Laut einer Studie des Landwirtschaftsministeriums landen jedes Jahr in Deutschland elf Millionen Tonnen meist noch genießbare Lebensmittel im Müll. Abnehmer für die von Supermärkten, Bäckereien oder in Restaurants entsorgten Lebensmittel gäbe es genügend. Erst am Dienstag beklagte der Vorsitzende des Bundesverbands Deutsche Tafel, Jochen Brühl, dass immer mehr Menschen auf gespendete Lebensmittel angewiesen sind. Fast 1,8 Millionen Menschen in Deutschland suchen regelmäßig Tafeln auf, darunter auch etwa 280 000 Flüchtlinge. Die Zahl der Tafelkunden habe 2015/16 im Vergleich zu 2014 um 18% zugenommen, während der Anstieg bei den Lebensmittelspenden nur 10% betrug. Frankreich hat der Lebensmittelverschwendung durch Supermärkte bereits im Frühjahr 2016 per Gesetz einen Riegel vorgeschoben. Supermärkte dürfen nun keine unverkauften Lebensmittel mehr wegwerfen, sondern müssen diese zum Beispiel an Tafeln oder Hilfsorganisationen spenden. Bei Verstößen drohen saftige Strafen. Italien hatte im August nachgezogen und ein Gesetz verabschiedet, mit dem die jährlich rund fünf Millionen Tonnen verschwendeter Lebensmittel um mindestens eine Million Tonnen reduziert werden sollen. Anders als der französische Vorstoß setzen die Italiener dabei eher auf Anreize wie Steuererleichterungen. Die Bundesregierung sträubt sich jedoch bisher gegen jegliche gesetzliche Vorgaben und setzt auf Freiwilligkeit und Informationskampagnen. Doch viele Bürger wünschen sich offenbar ein gesetzliches Verbot der Lebensmittelverschwendung. Eine Online-Petition, die ein Gesetz auf EU-Ebene fordert, das Supermärkte zur Abgabe von überschüssigen Lebensmitteln an Wohltätigkeitsorganisationen verpflichtet, hat bereits mehr als 800.000 Unterzeichner gefunden. (ab)
- SPIEGEL ONLINE: Deutsche wollen Spende-Pflicht für abgelaufene Lebensmittel
- FAZ: Umfrage: Supermärkte sollten abgelaufene Lebensmittel spenden müssen
- Tagesspiegel: Weniger für die Ärmsten: Essen bei den Tafeln reicht nicht für alle
- Change.org: Petition · EU: Verpflichtet Supermärkte ihr unverkauftes Essen zu spenden!