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07.07.2016 |

UN prognostiziert stabile Getreidepreise und Hungerzahlen

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Bleiben die Getreidepreise stabil? (Foto: CC0/Pixabay)

Die Zeiten hoher Preise für Agrarrohstoffe sind vorbei – das prognostizieren zumindest die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die UN-Landwirtschaftsorganisation (FAO). Zwar sei Wachsamkeit geboten, da die Gefahr größerer Preisschwünge nach wie vor bestehe, doch dank einer erhöhten landwirtschaftlichen Produktivität, dem gesunkenen Ölpreis und üppiger Lagerbestände werden sich die Preise für Agrarerzeugnisse in den nächsten 10 Jahren auf niedrigem Niveau bewegen. Der am Montag veröffentlichte OECD-FAO Agricultural Outlook 2016-2025 besagt, dass die Nachfrage nach Lebensmitteln zwar steigen werde, jedoch der Anstieg abgeschwächt ausfalle: „Erhebliche Produktionszuwächse sind nötig, um die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln, Tierfutter und Rohstoffen für industrielle Zwecke zu decken und all dies muss auf nachhaltige Weise erfolgen“, sagte FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva. Doch er zeigt sich optimistisch, dass dies vor allem durch eine verbesserte Produktivität erzielt werde statt durch eine Ausweitung der Anbaufläche oder der Tierbestände. In Lateinamerika werde die Anbaufläche in den nächsten zehn Jahren jedoch um 24 Prozent wachsen, vor allem für den Anbau von Soja. Die steigende Nachfrage nach Fleisch, Fisch und Geflügel in Schwellenländern werde zu einem enormen Bedarf an Futtermitteln führen, etwa aus Grobkorn und Ölsaaten, sodass diese Preise stärker anziehen werden als für Weizen und Reis. FAO und OECD warnen davor, dass viele Länder künftig mit einer komplexen Doppelbelastung durch Unterernährung und Überernährung konfrontiert sein werden. Sowohl in Entwicklungsländern als auch in den Industrienationen sei mit einem erhöhten Konsum von Zucker, Ölen und Fetten zu rechnen, da die Menschen künftig mehr zu verarbeiteten Lebensmitteln greifen werden. Zudem werde bei einem „Weiter wie bisher“, das heißt einer Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion im bisherigen Umfang ohne verstärkte Maßnahmen gegen den Hunger, der Anteil der an Unterernährung leidenden Menschen im nächsten Jahrzehnt nur von 11% auf 8% zurückgehen. Das bedeute, dass die Zahl der Hungernden bis 2025 nur auf 650 Millionen sinken werde. Gerade in Subsahara-Afrika werde Unterernährung ein enormes Problem bleiben und die Region, in der gegenwärtig ein Viertel aller Hungernden weltweit leben, werde dann ein Drittel aller unterernährten Menschen auf sich vereinen. „Das bedeutet, dass ohne entschiedene Schritte weg von einem ‚Weiter wie bisher’ der Welthunger bis zum Jahr 2030 nicht beseitigt sein würde – wie das von der internationalen Gemeinschaft vereinbarte Ziel erfordert – und dass entschlossenes Handeln nötig ist“, so die FAO. Das zweite Ziel der im September 2015 von den UN-Staaten verabschiedeten Sustainable Development Goals (SDGs) sieht vor, bis 2030 den Hunger zu beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung zu erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern. (ab)

04.07.2016 |

Mehr Einkommen, vergleichbare Erträge: Bio toppt konventionelle Landwirtschaft in den Tropen

Kolben
Maiskolbenvermessung (Foto: Peter Lüthi, Biovision)

Der Ökolandbau erzielt in den Tropen nicht nur vergleichbare Erträge, sondern beschert Kleinbauern auch ein höheres Einkommen als die konventionelle Landwirtschaft. Das zeigt eine Langzeitstudie des Forschungsinstituts für Biologische Landwirtschaft (FiBL) in Kenia, die seit 2007 mit Partnern vor Ort in Thika und Chuka durchgeführt wird. Der Systemvergleich (SysCom) vergleicht nicht Äpfel mit Birnen, sondern konventionelle und biologische Systeme mit hohem externen Inputs wie Bewässerung oder (Bio)pestiziden sowie konventionell und ökologisch bewirtschaftete Felder, die mit den Ressourcen vor Ort auskommen müssen. Nach fünf Jahren erzielten die Biolandwirte dank der geringeren Produktionskosten und der höheren Marktpreise für biologisch angebaute landwirtschaftliche Erzeugnisse höhere Erträge, die sich nach dem sechsten Jahr auf stolze 53% beziffern ließen. Beim Vergleich der input-intensiven Systeme konnte der Ökolandbau schon im zweiten Jahr mit den Erträgen der konventionellen Landwirtschaft mithalten. Auf den Feldern, die ohne externe Inputs auskommen mussten, waren die Erträge in Thika bei reinem Maisanbau im Ökolandbau geringer, doch in Mischkultur mit Bohnen lagen sie gleichauf. In Parallelstudien beim Baumwollanbau in Indien und der Kakaoproduktion in Bolivien führte der biologische Ansatz zu ähnlich positiven Ergebnissen. Neben der verbesserten Bodenfruchtbarkeit sei ein weiterer Vorteil der biologischen Landwirtschaft für die Menschen, dass der Verzicht auf Chemie sich positiv auf natürliche Ökosysteme und auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirke. „Die Studie zeigt ganz eindeutig, dass der biologische Ansatz in den Tropen eine sinnvolle Strategie ist, zu deren wesentlichen Herausforderungen die Verbreitung des nötigen Wissens und die Ausbildung biologischer Landwirte zählen“, betont FiBL. Zusätzlich zur der noch bis 2019 laufenden Langzeitstudie werden daher auf den Bauernhöfen unter Beteiligung der Landwirte Praktiken für nachhaltigen Landbau entwickelt und gefördert, die an die jeweiligen örtlichen Bedingungen angepasst sind. Gemeinsam mit den Bauern und anderen Interessengruppen werden auf Versuchsfelder unterschiedliche innovative Praktiken ausprobiert und ausgewertet, zum Beispiel die Push-Pull-Methode im Maisanbau. (ab)

30.06.2016 |

Grünes Licht für Glyphosat: EU-Kommission verlängert Zulassung

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Glyphosat bleibt weiterhin erlaubt (Foto: CC0/Pixabay)

Die EU-Kommission hat die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat am 29. Juni um weitere 18 Monate verlängert. Nach mehreren gescheiterten Abstimmungen der Mitgliedstaaten, in denen keine ausreichende Mehrheit zustande gekommen war, gab die Kommission in letzter Minute einen Tag vor Ablauf der Genehmigung grünes Licht. In den nächsten 18 Monaten soll eine Studie der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) klären, ob Glyphosat krebserregend ist. Die Kommission erntete für die Verlängerung herbe Kritik sowohl von Umweltschützern als auch seitens der Industrie. „Nachdem die EU-Kommission es vier Mal nicht geschafft hat, den Widerstand der Mitgliedstaaten gegen das Pestizid zu brechen, drückt sie jetzt dessen Weiterverwendung durch. Diese Glyphosat-Entscheidung ist ein Affront gegen viele überzeugte Europäer“, kritisierte der Vorsitzende des BUND, Hubert Weiger. Das sieht auch NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller so: „Statt sich am Vorsorgeprinzip zu orientieren und bis zum Beweis der Unbedenklichkeit für Gesundheit und Umwelt Glyphosat zu verbieten, haben sich EU-Kommission und die meisten Vertreter der Mitgliedstaaten offenkundig von den Interessen der Agrarindustrie leiten lassen.“ Doch auch die ist nicht zufrieden: Der Industrieverband Agrar e. V. bezeichnete die „technischen Verlängerung“ für 18 Monate als unbefriedigende Zwischenlösung. Ursprünglich wollte die Kommission die Zulassung gar um 15 Jahre verlängern. Nach erheblichem Widerstand aus den Mitgliedstaaten war der Zeitraum dann nach und nach zusammengeschrumpft. Da weder im zuständigen EU-Fachausschuss noch im Berufungsausschuss die notwendige Mehrheit erreicht wurde, konnte die EU-Behörde letztlich die Entscheidung fällen. Harald Ebner, der Sprecher der Grünen für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik, nannte die auf ein Zehntel zusammengeschrumpfte „Mini-Verlängerung“ einen großen ersten Erfolg, forderte aber ein baldiges Ende des „Auslaufmodells“ Glyphosat: „Es dürfte jedem klar sein, dass die Verlängerung nur die äußerste Notlösung ist, um Glyphosat noch eine allerletzte Galgenfrist zu verschaffen. Immer deutlicher wird, dass das Ackergift angezählt ist und dass wir eine Agrarwende weg von der chemiebasierten industriellen Landwirtschaft hin zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung brauchen.“ Der NABU forderte die Bundesregierung dazu auf, sich jetzt wenigstens zu einem nationalen Verbot durchringen, wie andere EU-Mitgliedstaaten es schon vorgemacht haben oder planen. Frankreich etwa habe parallel zum Verhandlungsprozess in Brüssel auf nationaler Ebene bereits 132 Glyphosat-haltigen Präparaten die Zulassung entzogen. Der Einsatz von Glyphosat in Parkanlagen und auf Kinderspielplätzen, sowie im Privat- und Kleingartenbereich müsse laut NABU unverzüglich verboten werden. Hinsichtlich des Einsatzes in der Landwirtschaft beweise nicht nur der ökologische Landbau seit Jahren, dass der Verzicht auf Glyphosat möglich ist. (ab)

27.06.2016 |

Landwirtschaft der Zukunft: Agrarökologische Lösungen ernähren die Welt

Reisbauer
Kleinbauern ernähren die Welt (Foto: CCO/Pixabay)

In der Agrarökologie liegt der Schlüssel im Kampf gegen den Klimawandel, Umweltzerstörung und den Welthunger. Das ist die Botschaft des Berichts „Farming for the Future“, den Friends of the Earth am 21. Juni veröffentlicht haben. Ziel des Berichts ist es, mit einigen sich um das Thema Welternährung rankenden Mythen gründlich aufzuräumen und wissenschaftliche Erkenntnisse zusammenzutragen, die das Potenzial des Ökolandbaus und agrarökologischer Praktiken belegen, die Welt nachhaltig zu ernähren. Die Autoren warnen, dass das „vorherrschende industrielle Ernährungssystem weltweit die Böden, Wasser und die Biodiversität stark in Mitleidenschaft zieht, Klimafolgen verstärkt, Reichtum und Macht über die Ressourcen unserer Ernährung zementiert und Armut und Hunger weltweit anheizt.“ Dennoch verteidigen das Agribusiness, philantropische und internationale Organisationen sowie politische Entscheidungsträger dieses System und rechtfertigen Politiken, Forschung und Märkte, die zerstörerische landwirtschaftliche Praktiken fördern und Reichtum und Macht in den Händen weniger konzentrieren, kritisiert der Bericht. Der beliebteste Mythos besage, dass die Lebensmittelproduktion erheblich gesteigert werden müsse, um eine wachsende Welt zu ernähren. Doch obwohl die moderne Landwirtschaft mehr Nahrung pro Kopf hervorbringt denn je zuvor, gelten immer noch etwa 800 Millionen Menschen als unterernährt. Wissenschaftler schätzen, dass die Landwirte bereits heute genug produzieren, um 10 Milliarden Menschen ausreichend zu ernähren – also mehr als genug für die Erdbevölkerung heute und im Jahr 2050. „Die Forschung zeigt durchweg, dass der Welthunger kein Problem der Verfügbarkeit ist sondern eher Folge von Armut, fehlender Demokratie und ungleichem Zugang zu Land, Wasser und anderen Ressourcen“, so die Autoren. Auch dem Mythos, der Ökolandbau und agrarökologische Praktiken seien nicht ertragreich genug, tritt der Bericht mit einem Schatz an Studienergebnissen entgegen, die zeigen, dass eine ökologische Landwirtschaft mehr als genug für alle produzieren könnte und beträchtliche Vorteile für die Wirtschaft, die menschliche Gesundheit und die Umwelt mit sich bringt. Die Autoren verweisen auch auf den Weltagrarbericht: „Investitionen in nachhaltige, regionale Ernährungssysteme können eine Win-win-Situation für Kleinbauern, ihre Familien und die Wirtschaft vor Ort darstellen, da sie Beschäftigung und wirtschaftliches Wachstum ankurbeln. Indem sie eine Vielfalt an Lebensmitteln für die lokale Verarbeitung und Vermarktung produzieren, schaffen sie Arbeit auf lokaler Ebene“, gibt der Bericht eine der Kernaussagen des Weltagrarberichts wider. Das Fazit von Friends of the Earth: „Um die Welt zu ernähren und zugleich mehreren Umweltkrisen zu begegnen, bedarf es Politiken und öffentlicher Investitionen zur Förderung von Agrarökologie, einer diversifizierten ökologischen Landwirtschaft und kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher Existenzen. Lösungen müssen auf die Belebung der ländlichen Wirtschaft abzielen, die Ernährungssouveränität voranbringen und das Ernährungssystem demokratisieren.“ (ab)

21.06.2016 |

Unersättlich: Landgeschäfte stehen bei Investoren weiter hoch im Kurs

Land
Weiter heiß begehrt: Ackerland (Foto: CCO/Pixabay)

Die globale Jagd nach fruchtbarem Ackerland ist nicht vorbei: Investoren agieren nun professioneller und treiben die Ausweitung einer industriellen Landwirtschaft weiter voran. Das zeigt eine umfassende Erhebung der Nichtregierungsorganisation GRAIN, die 491 Fälle von Landraub rund um den Globus dokumentiert. Bereits 2008 hatte eine Studie der Organisation das Augenmerk auf den Trend großflächiger Landkäufe durch internationale Investoren gelenkt, der in Reaktion auf die Finanz- und Lebensmittelpreiskrise aufkeimte und unter dem Schlagwort „Landgrabbing“ bekannt wurde. Die neue Datensammlung umfasst nun Deals mit einem Investitionsvolumen in Höhe von 94 Milliarden US-Dollar. Diese erstrecken sich auf 78 Länder und insgesamt 30 Millionen Hektar Land – eine Fläche etwa so groß wie Finnland. GRAIN zufolge hat die Zahl der Landkäufe und -pachten weiter zugenommen, doch die Welle sei seit 2012 leicht abgeebbt. Infolge der Finanz- und Lebensmittelpreiskrise seien riesige Landtransaktionen angekündigt und getätigt worden, doch viele Investoren hätten ihre Pläne zurückgeschraubt oder Projekte seien ganz gescheitert. Dadurch sei die recherchierte Hektarzahl leicht rückläufig, doch dies sei noch lange kein Grund zum Feiern, so GRAIN. „Die neue Recherche zeigt, dass zwar einige Geschäfte auf der Strecke geblieben sind, doch der globale Landraub ist bei weitem noch nicht ausgestanden. Er hat sich in vielfacher Hinsicht verschärft, auf neue Flächen ausgeweitet und Konflikte rund um den Globus intensiviert.“ Den Autoren zufolge handle es sich bei den fortbestehenden Projekten in der Regel eher um „Hardcore-Initiativen mit dem Ziel, neue Flächen für die industrielle Landwirtschaft zu erschließen“. Es gehe um große Geschäfte, die langfristig ausgelegt seien – mit erfahrenen Investoren, die Fallen umgehen, in die hastige Landkäufer 2008 getreten seien. Die durch asiatische Investoren angetriebene Ausweitung des Ölpalmenanbaus in Afrika oder Verstöße von Pensionsfonds mit dem Ziel, sich Flächen zu sichern, falle in diese Kategorie. GRAIN betont, die Sicherung von Ackerflächen werde zunehmend ein „Teil einer breiteren Unternehmensstrategie, um von Kohlenstoffmärkten, Bodenschätzen, Wasser, Saatgut, Boden und Umweltdienstleistungen zu profitieren.“ Die neue Datensammlung zeige, dass der Zugang zu Wasser eine ebenso wichtige Rolle wie Land spiele: „In vielen Fällen, in denen wir die Rechtsvereinbarungen sehen konnten, z.B. in Mali, Senegal und Kamerun, waren Wasserrechte und der Zugang zu Wasser explizit im Vertragstext garantiert“, schreiben die Autoren. Dennoch sieht GRAIN auch eine positive Entwicklung: „Eine Sache, die sich radikal gewandelt hat um Vergleich zu vor acht Jahr ist das Ausmaß an Widerstand und Mobilisierung ausgelöst durch diese Landgeschäfte. Die Menschen sind nun besser informiert und bereit zu handeln.“ Zahlreiche Bündnisse und Kampagnen kämpften gegen Landgrabbing – teilweise auch mit beeindruckendem Erfolg. (ab)

15.06.2016 |

Für eine sozial-ökologische Agrarwende statt klimasmarte Landwirtschaft

Gans
Klima-smarte Bekämpfung von Insekten (Foto: M. Varghese)

Eine sozial-ökologische Agrarwende statt die Förderung gefährlicher Scheinlösungen wie die klimasmarte Landwirtschaft – das fordert ein breites Bündnis von Verbänden und NGOs. Anlässlich des 2. Forums der „Globalen Allianz für klimasmarte Landwirtschaft“ (GACSA), das bis 17. Juni in Italien abgehalten wird, üben sie in einem Positionspapier herbe Kritik an dem Konzept. Es ermögliche großen Agrar- und Lebensmittelkonzernen, ihre schädlichen Praktiken als Teil der Lösung im Kampf gegen den Klimawandel zu deklarieren. Denn eben diese Konzerne und deren Interessenverbände sind neben Industrieländern unter den GACSA-Mitgliedern vertreten. Die Verbände, zu denen z.B. MISEREOR und Brot für die Welt gehören, betonen, dass kaum ein Bereich durch den Klimawandel vor so große Herausforderungen gestellt werde wie die Landwirtschaft: „Wasserversorgung, Bodennutzung und Ernährungssicherheit sind immer mehr in Gefahr, und das besonders in ohnehin bereits von Hunger betroffenen Gebieten wie Subsahara-Afrika und Südasien. Entwaldung, der Rückgang der biologischen Vielfalt, der Einsatz hochgiftiger Chemikalien, Bodenerosion und der Rückgang des Grundwasservorkommens tragen dazu bei, dies weiter zu beschleunigen.“ Dass der Landwirtschaft daher eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel zukommt, herrscht Einigkeit zwischen den Verbände und der GACSA – nicht jedoch über das „Wie“. Die Verbände warnen, dass eine klimasmarte Landwirtschaft (CSA) unter dem Deckmantel des Klimaschutzes die bestehenden Machtungleichgewichte im Welternährungssystem sowie die industrielle und globalisierte Agrarproduktion zu zementieren drohe. Sie lehnen CSA unter anderem ab, da nicht näher definiert sei, welche landwirtschaftlichen Praktiken als klimasmart gelten dürfen. Das biete Spielraum für großflächige industrielle Monokulturen unter Einsatz von Gentechnik und Agrarchemie ebenso wie lokal angepasste agrarökologische Ansätze. Dass das von der Gates-Stiftung und Monsanto geförderte CSA-Vorzeigeprojekt „Wassereffizienter Mais für Afrika“ fördere jedoch vor allem Hybridmais und Gentechnik-Sorten – Saatgut, das nicht nachgezüchtet und daher jedes Jahr teuer eingekauft werden muss und viel Agrarchemie benötigt. CSA verfolge zudem keinen Menschenrechtsansatz, weshalb die Wirkung auf verletzliche Gruppen nicht geprüft und verhindert werden müsse. Außerdem bemängelt das Papier, dass CSA beim Klimaschutz in der Landwirtschaft verstärkt auf die zeitlich begrenzte und schwer messbare Kohlenstoffspeicherung in Böden statt die Vermeidung von Emissionen setze. Die Organisationen fordern stattdessen eine globale Agrarwende hin zu einer ökologisch nachhaltigen, klimafreundlichen bäuerlichen Landwirtschaft. Bemühungen für solch eine Landwirtschaft müssen eingebettet sein in eine Strategie für eine ökologisch und sozial nachhaltige Neuausrichtung von Ernährungssystemen, wie sie der Weltagrarbericht forderte. Statt einer weiteren agroindustriellen Intensivierung mit etwas mehr Ressourceneffizienz pochen die Verbände darauf, dass die Durchsetzung des Rechts auf Nahrung, agrarökologische Prinzipien und Ernährungssouveränität zu Leitlinien für eine neue Landwirtschafts- und Handelspolitik werden. (ab)

13.06.2016 |

Studie: Europäische Firmen mischen bei der Jagd nach Ackerland mit

Land
Begehrtes Gut: Fruchtbare Böden (Foto: CCO, Pixabay)

Europäische Firmen und Finanzakteure spielen bei weltweiten Landnahmen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Das zeigt eine neue Studie, die auf Anfrage des EU-Parlaments vom niederländischen Institute for Social Studie mit der Menschenrechtsorganisation FIAN erstellt wurde. Während Länder wie China, die Golfstaaten oder Südkorea bei der globalen Jagd nach fruchtbarem Ackerland häufig im Rampenlicht der Medienberichterstattung standen, bleibt die Rolle von Akteuren aus europäischen Mitgliedsstaaten bei Landnahmen und Menschenrechtsverletzungen weitgehend unbeachtet. Das mag auch daran liegen, dass die Investoren und Firmen aus der EU viele ausländische Tochtergesellschaften haben, die es häufig unmöglich machen, die Spuren zurück in die EU zu verfolgen. „Europäische Firmen und Finanzinvestoren nutzen viele unterschiedliche Wege, um Landgrabbing zu betreiben“, erklärt Mitautor Roman Herre von FIAN. „Wir haben Fälle gefunden, bei denen mehr als zehn europäische Akteure beteiligt sind“. Eine wichtige Grundlage für die Recherchen der Studienautoren stellte die Land Matrix dar, ein Projekt staatlicher und nichtstaatlicher Entwicklungsorganisationen, das sowohl tatsächlich abgeschlossene Landkäufe oder Pachten als auch beabsichtigte Transaktionen dokumentiert, zu denen Informationen öffentlich zugänglich sind. Den Auswertungen zufolge führen britische Firmen mit 124 Landtransaktionen die Liste an, gefolgt von Frankreich mit 40 dokumentierten Deals und Italien mit 21. Damit eröffneten sich die britischen Firmen Zugang zu 1,97 Millionen Hektar Land in verschiedenen Ländern außerhalb der EU, die Akteure aus Frankreich und Italien eignete sich je mehr als 600.000 Hektar Land an. Laut den Daten der Land Matrix waren allein 182 Firmen mit Sitz in der EU in Landgeschäfte außerhalb der Unionsgrenzen verstrickt. In 52 Ländern der Welt haben sie so insgesamt 5.837.504 Hektar Land unter ihre Kontrolle gebracht, etwa für Landwirtschaft und Tierhaltung, die Biospritproduktion oder die forstwirtschaftliche Nutzung und Kohlenstoffspeicherung. „Wir gehen davon aus, dass die in der Studie ermittelten 5,8 Millionen Hektar Land, die sich europäische Akteure in 323 Fällen außerhalb Europas angeeignet haben, nur die Spitze des Eisberges sind“, so Herre weiter. Erschreckend sei, dass in vielen Fällen staatlich mandatierte Akteure, wie zum Beispiel die deutsche Entwicklungsbank DEG oder staatliche Pensionsfonds, beteiligt seien. Mit freiwilligen Selbstverpflichtungen sei Landgrabbing nicht aufzuhalten, stellen die Autoren fest und fordern verbindliche, rechtliche Regelungen und Schranken. (ab)

10.06.2016 |

EU-Parlament: Neue Allianz für Ernährungssicherheit schadet Afrikas Kleinbauern

Afrika
Kleinbäuerin in Afrika (Foto: skeeze / Pixabay, CC0, creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0)

Das EU-Parlament sieht in der Neuen Allianz für Ernährungssicherheit der G7-Staaten erhebliche Risiken für Afrikas Kleinbauern und durch die Förderung einer agro-industriellen Landwirtschaft auch für die Umwelt. Am 7. Juni nahmen die Abgeordneten mit deutlicher Mehrheit einen Initiativbericht zur „Neuen Allianz“ an. Dieser kritisiert, dass die Allianz von Profitinteressen großer Agrarkonzerne dominiert werde und erteilt der Förderung von Gentechnik-Pflanzen auf dem Kontinent eine klare Absage. Der Bericht fordert die G7-Staaten dazu auf, abzusichern, dass Projekte der Neuen Allianz Umweltschutzmaßnahmen und Sicherungsmechanismen gegen Landgrabbing beinhalten – oder die Initiative ganz aufzugeben, wenn deren Ausrichtung nicht radikal umgestaltet werde. „Hunger und Unterernährung können am besten bekämpft werden, indem wir kleinbäuerliche Familienbetriebe unterstützen. Stattdessen steckt die EU ihre ohnehin schon niedrigen Entwicklungshilfegelder in die Neue Allianz, die der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und der lokalen Lebensmittelversorgung mehr schadet als nutzt,“ erklärte Maria Heubuch, Berichterstatterin für den Initiativbericht und entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion. Die Neue Allianz wurde 2012 ins Leben gerufen mit dem offiziellen Ziel, Investitionen in die Landwirtschaft anzukurbeln und so Hunger und Armut in zehn Ländern in Subsahara-Afrika zu bekämpfen. Stattdessen führen die Projekte Heubuch zufolge aber zu Landraub und gefährden die Existenz der Menschen. „Die EU hat indirekt Investitionen mitfinanziert, bei denen es zu Landgrabbing gekommen ist. Das ist inakzeptabel. Wenn die Neue Allianz diese Probleme nicht umgehend löst, sollte die EU sie nicht weiter finanzieren“, fordert sie. Der Bericht warnt zudem explizit davor, das „asiatische Model der Grünen Revolution der 1960er Jahre in Afrika zu wiederholen und die negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen zu ignorieren.“ Die Neue Allianz müsse den Einsatz von Mineraldünger und Pestiziden reduzieren. Zudem warnt der Bericht, dass der Ausbau landwirtschaftlicher Bewässerung in den Zielregionen die Verfügbarkeit von Wasser für andere Nutzer, wie Kleinbauern und Hirten, einschränken könnte. Die Allianz bedrohe auch durch restriktive Vorschriften für die Verwendung des Saatguts die traditionelle kleinbäuerliche Landwirtschaft. Der Bericht betont daher die Notwendigkeit, die Rechte der Bauern, Saatgut frei zu gewinnen, auszutauschen und zu verkaufen aufrechtzuerhalten. Die Bestrebungen der Neuen Allianz könnten hingegen dazu führen, dass Kleinbauern vom Saatgut und Pestiziden abhängig würden, die von ausländischen Konzernen produziert werden. Der Bericht fordert deutlich: Keine Unterstützung des Anbaus von Gentechnik-Pflanzen in Afrika durch die G7-Staaten. „Die EU-Kommission und die Bundesregierung sollten nur noch in nachhaltige Projekte investieren und lokale bäuerliche Betriebe fördern. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben mit ihrer Forderung, Gentechnik-Projekte nicht mehr mit Steuergeldern zu fördern, ein starkes Zeichen für eine nachhaltige Landwirtschaft in Afrika südlich der Sahara gesetzt“, sagt Heubuch. (ab)

06.06.2016 |

Experten fordern Umstellung auf vielfältige agrarökologische Systeme

Mais
Vielfalt statt Einförmigkeit (Foto: CCO, Pixabay)

Eine Abkehr von der industriellen Landwirtschaft hin zu diversifizierten agrarökologischen Systemen ist notwendig, um gesunde Lebensmittel für alle zu produzieren, ohne die Umwelt zu belasten. Das fordern die Wissenschaftler des International Panel of Experts on Sustainable Food Systems (IPES-Food) in ihrem am 2. Juni erschienenen Bericht. Denn einer vielfältigen, ökologischen Landwirtschaft gelinge es im Gegensatz zu derzeitigen Systemen, Ernährungssicherheit, eine ausgewogene Ernährung, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit zu vereinbaren. „Viele der Probleme in Ernährungssystemen sind eng mit der Einförmigkeit verknüpft, die der industriellen Landwirtschaft mit ihrer Abhängigkeit von Pestiziden und chemisch-synthetischen Düngern zugrunde liegt“, erklärt Olivier De Schutter, Ko-Vorsitzender von IPES-Food und ehemaliger UN-Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf Nahrung. „Nicht ein Mangel an wissenschaftlichen Belegen stehen der agrarökologischen Alternative im Wege, sondern das Missverhältnis zwischen ihrem riesigen Potenzial zur Verbesserung von Ernährungssystemen und dem weitaus geringeren Potenzial, Profite für Agrarkonzerne zu erwirtschaften.“ Der Bericht gibt der industriellen Landwirtschaft eine Mitschuld an Problemen wie dem schlechten Zustand von Böden, Wasser und Ökosystemen, hohen Treibhausgasemissionen und Biodiversitätsverlust. Während bereits ein Übermaß an energiereichen, aber nährstoffarmen Lebensmitteln produziert wird, leiden immer noch 800 Millionen Menschen an Hunger und 2 Milliarden an Mikronährstoffdefiziten – hinzu kommen Leiden wie Fettleibigkeit und ernährungsbedingte Krankheiten. Der Bericht plädiert daher für eine Kehrtwende in der globalen Landwirtschaft: „Wir brauchen ein grundlegend anderes Modell der Landwirtschaft basierend auf vielfältigen Höfen und Agrarlandschaften, die chemische Inputs ersetzen, Biodiversität optimieren und die Interaktion zwischen verschiedenen Arten anregen als Teil ganzheitlicher Strategien zur Schaffung langfristiger Fruchtbarkeit, gesunder Agrarökosysteme und sicheren Lebensgrundlagen – sprich vielfältige agrarökologische System“. Diese hätten zudem auch größeres Potenzial, Kohlenstoff im Boden zu halten, die verfügbaren Ressourcen effizienter zu nutzen und degradierte Flächen wiederherzustellen und so die Landwirtschaft zu einer Lösung für den Klimawandel zu machen. Zudem können sie entscheidend dazu beitragen, die Ausgewogenheit der Ernährung auf lokaler Ebene zu erhöhen und die von der industriellen Landwirtschaft ausgehenden Gefahren für die Gesundheit zu verringern, etwa durch Pestizidbelastung oder Antibiotikaresistenz. Die IPES-Experten räumen aber auch Herausforderungen bei der Umstellung auf ökologische Systeme ein. „Man kann von Landwirten nur erwarten, dass sie ihre Praktiken umstellen, wenn sie sichergehen können, dass sie Märkte finden werden. Und Verbraucher werden nur auf gesunde, nachhaltige Lebensmittel umstellen, wenn diese zugänglich und erschwinglich sind“, so Hauptautor Emile Frison. De Schutter zufolge müssen künftig politische Prioritäten anders gesetzt werden: „Die Schritte hin zu einer vielfältigen ökologischen Landwirtschaft sind Schritte hin zur Demokratisierung der Entscheidungensfindung und zur Umverteilung von Macht in Ernährungssystemen.“ (ab)

02.06.2016 |

Billige Bananen im Supermarkt - Pestizide und Hungerlöhne für Plantagenarbeiter

Banane
Oft mit Pestiziden: Bananen (Foto: CCO, stux, Pixabay)

Deutsche Supermarktketten beziehen Bananen und Ananas von Plantagen in Lateinamerika, auf denen Arbeiter schutzlos gefährlichen Pestiziden ausgesetzt sind und Arbeitsrechte mit Füßen getreten werden. So lautet der Vorwurf der Hilfsorganisation Oxfam an die Lebensmittel-Handelsketten Aldi, Edeka, Lidl und Rewe. Der am Montag veröffentlichte Bericht „Süße Früchte, bittere Wahrheit“ dokumentiert anhand der Bananenindustrie in Ecuador sowie der Ananasindustrie in Costa Rica die dramatischen sozialen und ökologischen Kosten des Anbaus tropischer Früchte für deutsche Supermärkte. Oxfam hatte für die Studie Plantagen besucht, mehr als 200 Arbeiterinnen und Arbeiter befragen lassen und zahlreiche Experten konsultiert. Auch auf von der Rainforest Alliance zertifizierten Plantagen, dem wichtigsten Nachhaltigkeitssiegel bei Bananen und Ananas, seien die Zustände nicht weniger katastrophal gewesen als auf konventionellen Plantagen. Dem Bericht zufolge sind Plantagenarbeiter und ihre Familien giftigen Pestiziden oft schutzlos ausgeliefert. „Die Supermärkte kontrollieren das Aussehen der importierten Früchte penibel und geben ganze Lieferungen bei kleinsten Makeln zurück. Aber sie lassen es zu, dass die Menschen, die sie ernten, dabei vergiftet werden“, kritisiert Franziska Humbert, Studienautorin und Referentin für Arbeitsrechte bei Oxfam Deutschland. Die in Costa Rica vorherrschenden Ananasmonokulturen auf riesigen Flachen mit zwei Ernten pro Jahr erfordern den Einsatz einer Vielzahl von Pestiziden. Pro Jahr landen so zwischen 30 und 38 Kilogramm Chemikalien auf einem Hektar Anbauflache. Lieferanten deutscher Supermärkte setzen mehrere hochgiftige Pestizide ein, darunter das von der Weltgesundheitsorganisation als akut toxisch eingestufte Oxamyl. In Ecuador berichten 53% der Arbeiter auf Rainforest-zertifizierten Plantagen, dass Pestizide aus der Luft versprüht wurden, während sie auf den Feldern arbeiten mussten. Viele klagten über eine hohe Rate an Behinderungen, Fehlgeburten und Krebsleiden im Umfeld der Plantagen. „Wir machen uns große Sorgen, weil wir unter dem Pestizid-Regen arbeiten müssen. Wir bekommen Hautausschläge. Aber wenn man sich beschwert, riskiert man, entlassen zu werden“, klagte ein Arbeiter beim Produzenten Matias, die unter anderem Lidl beliefert. Auch die Unterdrückung von Gewerkschaften sei an der Tagesordnung. Dies führe dazu, dass Mindestlöhne unterschritten, Überstunden nicht bezahlt und Arbeitsrechte missachtet werden. In keiner der 20 untersuchten Bananenplantagen gebe es eine unabhängige Arbeitnehmervertretung, bemängelt Oxfam und wirft den Supermärkten eine klare Mitverantwortung vor. Die Ketten nutzen ihre Marktmacht aus, um einen starken Preisdruck auf Produzenten und Lieferanten auszuüben. So seien etwa die Importpreise für Ananas trotz steigender Produktionskosten zwischen 2002 und 2014 um rund 45% gefallen. Dies führe dazu, dass die Arbeiter weiter ausgebeutet und ihre Löhne nicht für den Lebensunterhalt der Familien ausreichten. „Die deutschen Supermärkte dürfen ihre Profite nicht weiter auf Kosten von Mensch und Natur machen. Sie müssen endlich menschenwürdige Arbeitsbedingungen durchsetzen und faire Preise zahlen“, fordert Franziska Humbert. (ab)

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