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05.08.2015 | permalink
Landkonflikte in Brasilien: 23 Bauern in erster Jahreshälfte getötet

Landkonflikte in Brasilien haben allein in der ersten Jahreshälfte 2015 mindestens 23 Bauern das Leben gekostet. Darauf machte die brasilianische Nichtregierungsorganisation Comissão Pastoral da Terra (CPT) vergangene Woche aufmerksam. Bei den meisten Opfern handelte es sich nach Angaben der kirchlichen Organisation um Kleinbauern oder Landarbeiter ohne eigenes Land, die von Landbesitzern zur Freigabe von besetzten Feldern gezwungen wurden. Zudem sei ein versklavter Bauer erschossen worden, der seinen Besitzer um eine Bezahlung für seine Arbeit gebeten habe, erklärte die Comissão Pastoral da Terra. Im Vorjahreszeitraum waren 20 Bauern getötet worden. Fast alle der in den letzten sechs Monaten getöteten Bauern seien im Amazonasgebiet ums Leben gekommen, wo kleine Landbesitzer oder landlose Bauern häufig mit Großgrundbesitzern in Konflikt geraten. Insgesamt 22 der Todesfälle ereigneten sich in der Amazonasregion, 11 davon im nördlichen Bundesstaat Pará, zehn in Rondônia und ein Mord in Maranhão. Die CPT wirft den zuständigen Behörden Untätigkeit vor angesichts der schwelenden Landkonflikte in der Region. Zudem gebe es Vorwürfe, dass Polizisten und bewaffnete Milizen an den Vorfällen beteiligt seien. Ursache für Landkonflikte seien auch große Infrastrukturprojekte in den Amazonasstaaten, wie der Staudamm Belo Monte, durch die das Leben der indigenen Völker und Gemeinden in der Amazonasregion stark beeinträchtigt würde. Die CPT setzt sich seit den 1970er Jahren für eine Landreform in Brasilien ein, wo sich etwa die Hälfte der Ackerfläche in der Hand von lediglich einem Prozent der Bevölkerung befindet. (ab)
03.08.2015 | permalink
Entwicklungsziele: UN wollen bis 2030 Armut und Hunger besiegen

Die Vereinten Nationen haben sich auf eine neue Entwicklungsagenda für eine Welt ohne Armut und Hunger geeinigt: Vertreter der 193 UN-Mitgliedsstaaten verabschiedeten am Sonntagabend in New York 17 Nachhaltigkeitsziele, die bis 2030 zahlreiche Weltprobleme angehen sollen: „Sie beschäftigen sich mit den Voraussetzungen dafür, dass die gesamte Menschheit ein Leben frei von Armut, Hunger und Ungleichheit führen kann, damit alle Männer, Frauen, Mädchen und Jungen ihr volles Potenzial entfalten können“, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon der Presse. Die Sustainable Development Goals (SDGs), die mit 169 Unterzielen einhergehen, lösen die 2015 auslaufenden Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) ab. Das 29 Seiten starke Papier „Transforming our World: The 2030 Agenda for Sustainable Development“ klingt ambitioniert: Die Armut in allen Formen überall auf der Welt zu beenden, Gleichheit zwischen den Geschlechtern zu schaffen, eine sichere Wasserversorgung und Bildung für alle Menschen zu gewährleisten und dem Klimawandel und seinen Folgen zu trotzen, sind nur einige Punkte. Die neue Agenda nimmt auch Industrie- und Schwellenländer in die Pflicht. Entwicklungsorganisationen und Hilfswerke begrüßten die Einigung, mahnten aber, das Dokument dürfe nicht zum Papiertiger werden und forderten ausreichende Finanzierung für die ehrgeizigen Pläne. Das Hilfswerk Brot für die Welt lobte, dass die vollständige Überwindung des Hungers einen prominenten Platz in der neuen Entwicklungsagenda einnimmt und die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und der Kleinbauern ins Zentrum gerückt wird. Ziel 2 enthält acht Unterziele zur Beseitigung des Hungers sowie zur Förderung von Ernährungssicherheit und einer nachhaltigen Landwirtschaft. Bis 2030 sollen alle Menschen das ganze Jahr über Zugang zu angemessener Nahrung erhalten, alle Formen der Mangelernährung beseitigt sein und die Produktivität und das Einkommen kleiner Nahrungsmittelproduzenten verdoppelt werden. Anvisiert ist zudem die Förderung nachhaltiger Agrar- und Nahrungsmittelsysteme, die Ökosysteme bewahren und die Anpassung an den Klimawandel unterstützen, sowie der Erhaltung der Saatgutvielfalt. Die vom Ko-Präsidenten des Weltagrarberichts Hans Herren gegründete Stiftung Biovision, die sich in dem zweijährigen Ausarbeitungsprozess vor allem für Ziel 2 einsetzte, zeigte sich zufrieden und begrüßte, dass der Text dem Komitee für Welternährungssicherheit (CFS) explizit ein zentrale Rolle bei der Hungerbekämpfung und Erreichung von Ernährungssicherheit über die nächsten 15 Jahre zugedacht wird. Der Zielkatalog soll Ende September auf einem Gipfel in New York von den Staats- und Regierungschefs aus aller Welt verabschiedet werden. (ab)
30.07.2015 | permalink
UN-Zahlen: Weltbevölkerung wächst schneller als erwartet

Die Weltbevölkerung wird neuen UN-Zahlen zufolge schneller anwachsen als bisher prognostiziert. Im Jahr 2030 sollen 8,5 Milliarden Menschen die Erde bevölkern, 2050 bereits 9,7 Milliarden. Im Jahr 2010 wird es insgesamt 11 Milliarden Menschen auf dem Planeten geben, gibt die UN-Abteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten (UN DESA) in ihrem neusten Bericht zur Weltbevölkerung bekannt. Indien wird China in etwa sieben Jahren als das bevölkerungsstärkste Land ablösen, Nigeria in 35 Jahren die USA vom dritten Platz verdrängen. Aber auch Indonesien und Pakistan werden bis 2050 die 300-Millionen-Marke knacken. Die Hälfte des weltweiten Bevölkerungszuwachses soll im Zeitraum 2015 bis 2050 allein auf das Konto von neun Ländern gehen – neben den bereits genannten noch die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Tansania und Uganda. Die höchste Wachstumsrate berechnen die UN für Afrika. Zwischen 2015 und 2050 werden 28 Länder des Kontinents ihre Einwohnerzahl verdoppeln, zehn Länder sollen bis 2100 sogar um das Fünffache wachsen: Angola, Burundi, die Demokratische Republik Kongo, Malawi, Mali, Niger, Somalia, Uganda, Tansania und Sambia. „Die Konzentration des Bevölkerungswachstums in den ärmsten Ländern bringt eine Reihe an Herausforderungen mit sich und erschwert es, Armut und Ungleichheit auszurotten, Hunger und Mangelernährung zu bekämpfen und den Zugang zu Bildung und Gesundheitssystemen auszuweiten – alles Faktoren, die entscheidend für den Erfolg der neuen Nachhaltigkeitsagenda sind“, sagte John Wilmoth, der Leiter der UN-Bevölkerungsabteilung. Die Bevölkerungsprognosen wurden nach oben korrigiert, weil die Fruchtbarkeitsraten etwas langsamer sinken als erwartet und der Rückgang durch das starke Bevölkerungswachstum in einigen Staaten ausgeglichen wird. Dennoch geht die Zahl der Geburten pro Frau zurück, wodurch die Weltbevölkerung deutlich altert. Die Zahl der Menschen über 60 soll sich bis 2050 mehr als verdoppeln und bis 2010 gar verdreifachen. (ab)
28.07.2015 | permalink
Bauern in Frankreich protestieren gegen Niedrigpreise

Französische Bauern protestieren schon seit Tagen gegen sinkende Erzeugerpreise und Wettbewerbsverzerrung. Am Montag blockierten Landwirte Straßen an der Grenze zu Deutschland und Spanien, um die Einfuhr von ihrer Ansicht nach zu billigen Agrarprodukten aus den Nachbarländern zu verhindern. Seit Sonntagabend wurden im Elsass rund 300 LKW mit Ware für den französischen Markt gestoppt, bis zu 1500 Bauern nahmen abwechselnd an den Aktionen teil, verkündete der Vorsitzende der regionalen Föderation der Bauerngewerkschaften (FDSEA), Franck Sander. Einige mit Lebensmitteln beladene Lastwagen mussten umkehren. Die Straßensperren reihen sich in die bereits seit Tagen anhaltenden Proteste gegen die nicht kostendeckenden Preise ein. Vergangene Woche waren Touristenattraktionen wie der Mont Saint Michel in der Bretagne Ziel von Blockaden. Auch Viehzüchter gehen schon seit Tagen gegen niedrige Erzeugerpreise für Fleisch und Milch auf die Straße. Die Bauern sehen als Ursache für das Preistief die Konkurrenz durch billige Agrarprodukte aus dem Ausland und sprechen von Wettbewerbsverzerrung. Durch den Einsatz von Erntehelfern aus Osteuropa hätten deutsche Landwirte niedrigere Arbeitskosten als ihre französischen Kollegen zu tragen, während die Bauern in Frankreich mit mehr Bürokratie und Auflagen im Bereich Umweltschutz zu kämpfen hätten. Verschärft würde die Lage durch das russische Embargo für Agrarerzeugnisse aus Europa, die sinkende Nachfrage aus China und das Ende der Milchquote. Regierungsangaben zufolge steht jeder zehnte Agrarbetrieb in Frankreich vor dem Ruin. Insgesamt haben die Landwirte einen Schuldenberg von einer Milliarde Euro angehäuft. Französische Bauerngewerkschaften warnen vor einer hoffungslosen Generation von Jungbauern im Land, die unter der Schuldenlast zunehmend von Depressionen und Selbstmordgedanken geplagt werde. Die Regierung kündigte am Mittwoch ein 600 Millionen Euro schweres Hilfsprogramm mit Steuererleichterungen, der Stundung von Abgaben und Lohngarantien an. Den Landwirten gingen die Maßnahmen jedoch nicht weit genug – die Proteste setzen sich fort. (ab)
24.07.2015 | permalink
Landwirtschaft und Getreideanbau älter als bisher angenommen

Die Ursprünge der Landwirtschaft liegen deutlich länger zurück als gedacht – rund 23.000 Jahre. Während bisher angenommen wurde, dass die Menschen mit dem Ackerbau vor etwa 12.000 Jahren begannen, berichten Forscher im Fachblatt PLOS ONE nun, dass mit der Kultivierung von Pflanzen bereits 11.000 Jahre früher experimentiert wurde. Wissenschaftler mehrerer Universitäten untersuchten die Siedlung Ohalo II am See Genezareth, die überflutet und erst 1989 entdeckt wurde, als der Wasserstand des Sees zurückging. Sie fanden dort nicht nur Reste von Wildgetreide, sondern auch von Unkräutern, die mit dem Ackerbau einhergehen. „Während die vollwertige Landwirtschaft sich erst viel später entwickelte, zeigt unsere Studie, dass der versuchsweise Anbau schon weitaus früher begann, als wir bisher angenommen haben. Das gibt uns Grund dazu, die Fähigkeiten unserer Ahnen in einem neuen Licht zu sehen“, sagte Professor Marcelo Sternberg vom Department of Molecular Biology and Ecology of Plants, einer der Autoren der Studie. Anhaltspunkt für die frühe Kultivierung war das Auffinden von Überresten von Unkräutern im Camp von Ohalo II, wo Fischer, Jäger und Sammler eine menschliche Siedlung etablierten. „Da Unkräuter in kultivierten Feldern und bearbeitetem Boden bestens gedeihen, gilt eine signifikante Präsenz von Unkräutern in archäobotanischen Ansammlungen, die von neolithischen Anlangen und Siedlungen späteren Datums entnommen wurden, gemeinhin als Anzeichen für systematischen Anbau“, so die Studie. Aus etwa 150.000 Pflanzenproben bestimmten die Forscher, dass die frühen Menschen über 140 Pflanzenarten gesammelt hatten, einschließlich 13 Unkräuter, die mit essbaren Getreidesorten, wie wildem Emmer, wilder Gerste und Hafer vermischt waren. Die Wissenschaftler fanden eine Mahlplatte, ein Gerät aus Stein, mit dem die Getreidekörner entfernt wurden – ein Zeichen dafür, dass sie für den Verzehr verarbeitet wurden. Ein hoher Anteil dieser Getreidepflanzen wies Veränderungen an der Ähre auf, die die Forscher auf längerfristige Kultivierung zurückführen. „Bereits vor der Entstehung eines vollständig entwickelten Landbaus hatten Menschen grundlegende Kenntnisse von Landwirtschaft und - noch bedeutsamer - sie handelten vorausschauend und planten“, berichtet Professor Ehud Weiss von der Bar-Ilan University, der Hauptautor der Studie. (ab)
22.07.2015 | permalink
Forscher warnen vor Zunahme der Mangelernährung durch Bienensterben

Das Aussterben der Bienen hätte nicht nur gravierende Folgen für die Landwirtschaft, sondern auch für die menschliche Gesundheit, da die weltweite Mangelernährung zunehmen würde. Darauf macht eine neue Studie im Fachblatt The Lancet aufmerksam. Demnach würden der vollständige Wegfall der Bestäubungsleistung der Bienen jedes Jahr zusätzlich 1,4 Millionen Menschen das Leben kosten, da weniger Obst, Gemüse und Getreide geerntet würde und so der Mangel an Vitaminen und Mikronährstoffen zunähme. Wissenschaftler um Samuel Myers von der Harvard T.H. Chan Hochschule für Gesundheitswesen in Boston nahmen den Verzehr von 224 Nahrungsmitteln in 156 Ländern unter die Lupe. Sie bestimmten deren Nährstoffzusammensetzung sowie die Abhängigkeit von der Bestäubung durch Bienen und andere Insekten. Dann berechneten sie die Aufnahme von Vitamin A, Folsäure, Früchten, Gemüse und Nüssen pro Kopf in den einzelnen Ländern, um abschätzen zu können, wie sich Ernterückgänge bei diesen Lebensmitteln und der Ersatz der Kalorien durch andere Grundnahrungsmittel auf die menschliche Gesundheit auswirken. Das Aussterben der Bestäuber würde im Schnitt zu einem Rückgang von 23% bei der Ernte von Früchten, 16,3% bei Gemüse und 22,1% bei Nüssen und Samen führen. Die Folge wäre ein Mangel an Vitamin A und Vitamin B, der vor allem für Schwangere und Kinder fatal ist. Betroffen von Ernterückgängen wären gerade Lebensmittel, die vor nicht übertragbaren Krankheiten, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einigen Krebsarten schützen sollen. Zu den ohnehin 2 Milliarden Menschen, die weltweit an Mangelernährung leiden, könnten durch einen Totalausfall der Bestäuber in armen Ländern weiteren 71 Millionen Menschen mit Vitamin-A-Mangel hinzukommen. Von einem Folsäuremangel wären 173 Millionen neu betroffen. Durch Mangelernährung bedingte Krankheiten könnten somit 1,42 Millionen Todesfälle verursachen – eine Zunahme von 2,7%. Verschwände nur die Hälfte der Bestäuber, würden sich diese Zahlen in etwa halbieren. Die Wissenschaftler betonten, dass in den meisten Ländern die Gesundheitsfolgen durch mangelnde Nährstoffversorgung vorrangig von heimischen Pflanzen und Feldfrüchten abhängen und nicht von Importen. „Das bedeutet, dass die meisten Länder stark profitieren, wenn sie sich um ihre Bestäuberbestände kümmern und dadurch sowohl ihre öffentliche Gesundheit als auch ihre Ernteerträge schützen“, rät Matthew Smith, der Hauptautor der Studie. (ab)
- Harvard T.H. Chan School of Public Health: Human-wrought environmental changes impacting crops and pollinators could harm health of millions
- The Lancet: Effects of decreases of animal pollinators on human nutrition and global health: a modelling analysis
- DIE WELT: Prognose: Sterben die Bienen aus, sterben auch Menschen
15.07.2015 | permalink
Studie: Agrarinvestitionen in Tansania fördern Landraub statt Kleinbauern

Statt Kleinbauern zu unterstützen und Armut zu mindern, leisten großangelegte Agrarinvestitionen in Tansania vermehrt Landkonflikten und Landgrabbing Vorschub. Das dokumentiert eine am Montag veröffentlichte Studie des Hilfswerks MISEREOR. Im Rahmen der 2012 von den G7-Staaten geschaffenen „Neuen Allianz für Ernährungssicherung in Afrika“ sollte im Süden Tansanias mithilfe privater Investitionen aus dem Ausland eine moderne Landwirtschaft auf den Weg gebracht werden. Die Schaffung des landwirtschaftlichen Wachstumskorridors SAGCOT (Southern Agricultural Growth Corridor of Tanzania) sollte zwei Millionen Menschen aus der Armut zu befreien. „Das Ziel von SAGCOT ist es, integratives, wirtschaftlich erfolgreiches Agribusiness zu fördern, das den Kleinbauern der Region zugute kommt und damit die Ernährungssicherheit verbessert, ländliche Armut verringert und umweltverträglich ist“, verkündet die Webseite. Doch eben diese Zielgruppe scheint nun als Verlierer dazustehen: „Die Studie zeigt auf, dass Kleinbauern bislang kaum von den Produktionssteigerungen und den in Aussicht gestellten Zugängen zu nationalen und internationalen Absatzmärkten profitieren und häufig ihr Land durch die Schaffung von Großplantagen verlieren“, betont Kerstin Lanje, Expertin für Welthandel und Ernährung bei MISEREOR. Auch die Schaffung von Arbeitsplätzen kristallisiere sich oft als leeres Versprechen heraus. Statt fester Anstellungen mit sicheren Einkommen böten die Investoren auf den Plantagen der umliegenden Dörfer nur unsichere Jobs als Tagelöhner. „Das Versprechen, Kleinbauern als Vertragsbauern einzubinden und ihnen Absatzmärkte zu sichern, wird ebenfalls viel zu selten eingelöst“, erklärt Lanje. Auch Zusagen wie der Bau von Straßen oder eine bessere Ausstattung von Schulen und Gesundheitseinrichtungen im Gegenzug für die Übertragung von Land würden zum Teil gar nicht oder nur unzureichend umgesetzt. Dagegen drohen Landkonflikte aufzukeimen, sagt Benedict Mongula, Professor am Institut für Development Studies (IDS) der Universität Dar Es Salaam und Mitherausgeber der Studie: „Mit zunehmender Landknappheit werden Viehhalter und Kleinbauern vermehrt um das Land, das die Investoren in Tansania übrig lassen, kämpfen.“ Was nun auf dem Land angebaut wird, dient laut der Studie immer weniger der Ernährung der Bevölkerung. „Statt Grundnahrungsmittel anzubauen und so den Grundbedürfnissen der Menschen nachzukommen, setzen die Investoren auf den Export von Kaffee oder Jatropha und versuchen gleichzeitig, Tansania als Markt für die eigenen Produkte wie Saatgut, Pestizide, Herbizide und chemische Düngemittel zu erschließen“, kritisiert MISEREOR. Das Hilfswerk fordert die Bundesregierung und die an SAGCOT beteiligten Akteure dazu auf, sich an den Bedürfnissen der Kleinbäuerinnen und -bauern zu orientieren, die sie vorgeblich unterstützen wollen. (ab)
13.07.2015 | permalink
FAO fordert $267 Milliarden pro Jahr zur Beseitigung des Welthungers

Die nachhaltige Beseitigung des Welthungers bis zum Jahr 2030 würde rund 267 Milliarden US-Dollar jährlich für Investitionen in ländliche und städtische Gebiete sowie für sozialen Schutz erfordern. Diese Zahlen nannten die Vereinten Nationen am Freitag. Damit wären für jeden Menschen, der in extremer Armut lebt, etwa $160 Dollar pro Jahr vonnöten, um den Zugang zu Nahrung und den Lebensunterhalt zu sichern. „Angesichts der Tatsache, dass dies mehr oder weniger 0,3% der Weltwirtschaftsleistung entspricht, bin ich der Auffassung, dass es ein relativ geringer Preis ist, um den Hunger zu beenden“, sagte FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva. Die FAO, das Welternährungsprogramm und der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung veröffentlichten den Bericht im Vorfeld der UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung, die vom 13. bis 16. Juli in äthiopischen Addis Abeba abgehalten wird. Weltweit sind nach UN-Angaben immer noch 800 Millionen Menschen chronisch unterernährt, die meisten in ländlichen Gebieten. „Die Botschaft des Berichts ist klar: Wenn wir bis 2030 weitermachen wie bisher, würden immer noch 650 Millionen Menschen hungern“, sagte da Silva. „Daher befürworten wir einen Ansatz, der sozialen Schutz und zusätzliche, gezielte Investitionen in ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und städtische Gebiete vereint, welche vorrangig den Armen zugute kommen.“ Die soziale Absicherung würde mit jährlich $116 Milliarden zu Buche schlagen, zwei Drittel davon für ländliche Gebiete. Etwa $151 Milliarden wären für armutsmindernde Investitionen nötig, um die Schaffung von Einkommen für die Armen anzukurbeln. Der Bericht sieht in sozialem Schutz mithilfe von Transferleistungen ein geeignetes Mittel zur Beseitigung des Hungers. Durch diese Gelder könnten sich arme Menschen vielfältigere und damit gesündere Nahrung leisten. Damit könnte ihre Ernährungslage verbessert und Mikronährstoffdefizite bekämpft werden. Weitere Investitionen müssten darauf abzielen, dass Menschen in extremer Armut letztendlich selbst für ihren Lebensunterhalt Sorge tragen können. Daher sind, so der Bericht, mehr öffentliche und private Investitionen nötig, „um Einkommen und Produktivität in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum zu erhöhen und produktive, nachhaltige und integrative Ernährungssysteme zu fördern“. Kleinbauern und ländliche Produzenten könnten einen großen Beitrag zur Verbesserung der Ernährungssituation in ihren Gemeinden leisten. Die Beendigung des Welthungers ist eines der UN-Nachhaltigkeitsziele (SGDs), die im September von der Weltgemeinschaft verabschiedet werden sollen. (ab)
09.07.2015 | permalink
Bericht: Britische Ackerflächen durch Bodenerosion bedroht

Ausgedehnte Ackerflächen im Vereinigten Königreich könnten aufgrund von Bodenerosion innerhalb einer Generation an Produktivität verlieren, warnt eine Beratergruppe der britischen Regierung. Das Komitee für Klimawandel (CCC) legt in einem neuen Bericht dar, dass die Bodendegradation und -erosion in weiten Teilen des Landes in unvertretbaren Maße voranschreite. Dies könne erhebliche Ernte-Einbußen bewirken und die Briten vermehrt von Lebensmittelimporten abhängig machen – eine fatale Entwicklung in Zeiten von ohnehin großer Nachfrage und hohen Preisen. „Böden sind eine elementare Ressource, mit der wir sehr sorglos umgegangen sind. Momentan behandeln wir unsere landwirtschaftlichen Böden, als wären sie eine Ressource, die wir aufbrauchen könnten, statt als eine wertvolle Grundlage, mit der wir haushalten müssen, um sie langfristig zu bewahren”, sagt Lord Krebs, Vorsitzender eines Unterkomitees des CCC zur Anpassung an den Klimawandel. In seinem Bericht führt das Beratergremium die Bodenerosion unter anderem auf Praktiken der intensiven Landwirtschaft zurück, wie „zu tiefes Pflügen, zu kurze Fruchtfolgen und unbedeckte Flächen, die so durch Wind und Starkregenfälle der Bodenerosion ausgesetzt sind”. Die Bodenqualität auf der Insel hat in den letzten Jahrzehnten stark gelitten. Die Experten weisen darauf hin, dass die Geschwindigkeit, mit der fruchtbarer Oberboden verloren geht, ein nicht nachhaltiges Ausmaß erreicht hat. Dies sei bedenklich, da die Neubildung von nur 1 cm Boden mehr als 100 Jahre benötige. „Die fruchtbarsten Oberböden im Osten Englands, wo 25% der Kartoffeln und 30% des Gemüses angebaut werden, könnten in einer Generation verloren gehen”, betont Lord Krebs. Der Klimawandel werde diesen Trend durch steigende Temperaturen und Wasserknappheit noch beschleunigen. Zudem werden häufiger Starkregenfälle auftreten, die den fruchtbaren Oberboden wegspülen. Trevor Mansfield, Leiter der britischen Nichtregierungsorganisation Soil Association, begrüßte die deutliche Sprache des Berichts: „Erstmals hebt das Komitee den extrem kritischen Zustand der britischen Böden hervor, wodurch auch unser Klima und die künftige Lebensmittelversorgung beeinträchtigt werden könnte.” Die Organisation fordert von der britischen Regierung daher eine klare Bekenntnis zu dem Ziel, in den nächsten 20 Jahre eine Steigerung der Humusgehalts auf den Ackerflächen im Vereinigten Königreich zu erreichen, damit die Briten sich auch in Zeiten des Klimawandels von den Äckern des Landes ernähren können. (ab)
02.07.2015 | permalink
UN-Bericht: Milliarden Menschen ohne Zugang zu Trinkwasser und Toiletten

Sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung sind für Abermillionen Menschen weltweit immer noch Zukunftsmusik. Rund 2,4 Milliarden müssen auch im Jahr 2015 ohne verbesserte sanitäre Anlagen auskommen und jeder Achte (946 Millionen) ist gezwungen, seine Notdurft im Freien zu verrichten. Dies setzt die Ärmsten der Welt vermeidbaren Gesundheitsrisiken aus, warnt ein am Dienstag veröffentlichter Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des UN-Kinderhilfswerks Unicef. Dieser beleuchtet Fortschritte im Hinblick auf das Millenniumsentwicklungsziel (MDG), den Anteil der Menschen ohne Zugang zu Trinkwasser und Sanitäranlagen von 1990 bis 2015 zu halbieren. Obwohl 2.1 Milliarden Menschen seither Zugang zu angemessenen Sanitäranlagen erhielten, wurde das Ziel um 700 Millionen verfehlt. Auch sauberes Wasser ist noch längst keine Selbstverständlichkeit: 663 Millionen Menschen mangelt es immer noch an sauberem Wasser – 80% von ihnen leben in ländlichen Gebieten. Zwar jubelten die Vereinten Nationen im Jahr 2010, das Trinkwasserziel fünf Jahre vor Fristende erreicht zu haben, da seit 1990 weltweit 2,6 Milliarden Menschen Zugang zu verbesserten Trinkwasserquellen erhielten. Doch „verbessert” bedeute nicht zwangsläufig auch sicher, betont die WHO: 1,8 Milliarden Menschen nutzen Trinkwasser, das zumindest zeitweise mit Fäkalien verunreinigt ist. „Solange nicht jeder Mensch Zugang zu angemessenen sanitären Anlagen hat, ist die Qualität der Wasserversorgung beeinträchtigt, und viele Menschen werden weiterhin an durch Wasser übertragenen Krankheiten sterben“, erklärt Dr. Maria Neira, Leiterin der WHO-Abteilung für öffentliche Gesundheit. Verunreinigtes Wasser und unzureichende Sanitäranlagen stehen in Verbindung mit Krankheiten wie Cholera, Durchfall, Typhus oder Polio. Jedes Jahr sterben Schätzungen zufolge 842.000 Menschen an Durchfallerkrankungen, die von schlechter Wasserqualität und Sanitärversorgung herrühren. Fehlende Toiletten und damit der Gang ins Freie gelten auch als Risikofaktor für chronische Mangelernährung: Rund 161 Millionen Kinder sind infolge von Mangelernährung unterentwickelt und leiden an unumkehrbaren körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen. „Für die menschliche Gesundheit ist es daher lebenswichtig, Fortschritte bei der Sanitärversorgung zu beschleunigen – gerade in ländlichen und unterversorgten Gebieten“, fordert Dr. Neira. (ab)