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27.01.2014 | permalink
UNEP-Landnutzungsbericht fordert Abkehr von Biosprit und Fleisch

Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Nahrung, Agrarsprit und nachwachsenden Rohstoffen könnte die globale Ackerfläche bis 2050 um bis zu 849 Millionen Hektar zunehmen - mit negativen Folgen für Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität und Klima. Dies ist das Ergebnis eines am Freitag vom Umweltprogamm der Vereinten Nationen (UNEP) veröffentlichten Berichts. Demnach geht die Ausweitung des Ackerlandes auf Kosten von Weideland, Savannen und Wäldern, während zugleich durch Erosion und Versiegelung fruchtbare Böden verloren gehen. Macht die Menschheit weiter wie bisher, werden nach vorsichtigen Schätzungen bis 2050 rund 320 Millionen Hektar in Ackerfläche umgewandelt, die höchste Prognose beträgt 849 Millionen Hektar – eine Fläche so groß wie Brasilien. Dies hätte Treibhausgasemissionen und den Verlust von Biodiversität zur Folge. Der Bericht basiert auf dem Konzept des „sicheren Betriebsbereichs“, das annimmt, dass abrupte und unumkehrbare Umweltschäden drohen sobald die menschlichen Aktivitäten bestimmte Belastungsgrenzen überschreiten. Bis zu einer Ackerfläche von 1,64 Millionen Hektar im Jahr 2020 bewegen wir uns im sicheren Bereich, die prognostizierte Ausweitung liegt jedoch darüber. „Angesichts der Tatsache, dass Land eine endliche Ressource ist, müssen wir die Produktion, Bereitstellung und den Konsum der von Land abhängigen Produkte effizienter gestalten“, sagte UNEP-Exekutivdirektor Achim Steiner. Um Land „einzusparen“ schlägt der Bericht vor, den Flächenbedarf der Länder für den Konsum von Agrarprodukten zu überwachen. Weitere Maßnahmen sind die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung, eine gesündere Ernährung mit weniger Fleisch- und Milchprodukten und die Abschaffung der Subventionen für Agrartreibstoffe.
16.01.2014 | permalink
EU: Schranken mit Schlupflöchern für die Spekulation mit Agrarrohstoffen

Die Neufassung der Europäischen Finanzmarktrichtlinie (MiFID) ist unter Dach und Fach. In der Nacht zu Mittwoch einigten sich die Unterhändler von Parlament, Rat und Kommission nach einer Marathonsitzung auf einen Kompromiss, der neue Regelungen für die Beschränkung des Handels mit Agrarrohstoffen vorsieht. Die Novelle schafft die Voraussetzung für die Einführung sogenannter Positionslimits, die für Finanzinvestoren an den Warenterminmärkten Obergrenzen für Kontrakte festlegen. Auch der Hochfrequenzhandel, bei dem Finanzprodukte in Sekundenbruchteilen verkauft werden, wird künftig stärker reguliert. Die Algorithmen der Hochleistungscomputer, die den Handel steuern, müssen zur Prüfung vorgelegt werden. Bei extremen Preisschwankungen sind kurzfristige Handelsunterbrechungen möglich. Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich feierte den Beschluss als „entscheidenden Schritt im Kampf gegen exzessive Nahrungs- mittelspekulationen“. Die Verbraucherschutzorganisation foodwatch hingegen kritisierte die Einigung als „faulen Kompromiss“. Positionslimits seien das richtige Instrument, da die Obergrenzen jedoch nicht EU-weit einheitlich festgelegt werden, sondern von den nationalen Aufsichtsbehörden, drohe die Regelung an Wirkung einzubüßen. Auch die Entwicklungsorganisation Oxfam bemängelte, dieses Schlupfloch gefährde die wirksame Begrenzung der Nahrungsmittelspekulation und forderte Nachbesserung bei der Implementierung der Richtlinie. „Zwischen den europäischen Finanzplätzen droht ein regulatorischer Wettlauf nach unten“, befürchtet Oxfam-Handelsexperte David Hachfeld. Der Kompromiss muss in den nächsten Wochen noch formal vom EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten angenommen werden. Die MiFID könnte dann Ende 2016 in Kraft treten.
10.01.2014 | permalink
Fleischatlas 2014: Deutsche essen weniger Fleisch

Es ist eine der wenigen erfreulichen Nachrichten, welche die neuen Auflage des Fleischatlas von BUND, HEINRICH BÖLL STIFTUNG und LE MONDE diplomatique, deutlich macht: In Deutschland ist der Fleischkonsum um zwei Kilogramm pro Einwohner zurückgegangen. Global gesehen geht der Trend jedoch in die entgegengesetzte Richtung, bis Mitte dieses Jahrhunderts sollen aus jetzt 300 Millionen Tonnen beinahe eine halbe Milliarde werden. Aus diesem Grund wird sich wohl auch die Sojaproduktion nahezu verdoppeln. Der Preis für die steigende Fleischnachfrage: Schlachtanlagen werden immer überdimensionierter, die Fleischerzeugung weltweit immer industrialisierter – mit all den unerwünschten Nebeneffekten wie Lebensmittelskandalen, Antibiotikamissbrauch oder Hormonrückständen im Fleisch. Der neue Atlas, welcher gestern vorgestellt wurde, zeigt umfangreich die Entwicklungen in der Fleischindustrie mit allen ihren negativen Auswirkungen auf Umwelt, Tier und Mensch. Dabei wird auch auf Themen wie das EU-Freihandelsabkommen mit den USA, Billiglöhne in den Schlachthöfen und die EU-Agrarpolitik eingegangen. Ab jetzt können Sie den aktualisierten Fleischatlas in Deutsch sowie erstmals als englische Version online downloaden oder in gedruckter Form bestellen. Neu ist auch eine Fleischatlas-Quiz-App für Android- und Apple-Geräte.
09.12.2013 | permalink
Größte Getreideernte aller Zeiten

Die Welternährungsorganisation FAO prognostiziert mit 2,5 Milliarden Tonnen für das Jahr 2013/14 die größte Getreideernte, die die Menschheit je eingefahren hat. 90% sind Weizen, Reis, Mais und Gerste. Davon werden mittlerweile übrigens etwa genauso viel an Tiere und Autos verfüttert wie direkt von Menschen verzehrt.
09.12.2013 | permalink
Neue Studie: Weniger Agrar-Folgekosten im Bioanbau

Durch die agrarindustrielle Massenproduktion entstehen in Österreich pro Jahr Schäden in Höhe von mindestens 1,3 Milliarden Euro, welche durch den Steuerzahler kompensiert werden müssen. Dabei handelt es sich vor allem um Reparaturmaßnahmen, die beispielsweise durch nitrat- und pestizidverseuchtes Trinkwasser, erodierte Böden und den Verlust der Biodiversität nötig werden. Das hat das Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in einer neuen Untersuchung ermittelt. Dabei birgt die ökologische Landwirtschaft große Chancen: Bei einer Umstellung hin zu Bio in ganz Österreich würden sich diese Folgekosten laut der Studie um ein Drittel reduzieren. In der Alpenrepublik gibt es derzeit rund 21.000 Biobauern, die ein Fünftel der landwirtschaftlichen Flächen bewirtschaften. Diese Dimension ist international einzigartig. Um die externen Kosten der Landwirtschaft künftig besser einzubeziehen, schlagen die Autoren etwa die Einführung einer Stickstoff-, Energie- und Pestizidsteuer vor.
05.12.2013 | permalink
Weltbodentag: Bedeutung der Böden im Blickfeld

Die kostbare Ressource Boden, die Grundlage für mehr als 90 Prozent unserer Lebensmittel, steht heute im Rampenlicht: Anlässlich des Weltbodentages machten viele Organisationen auf die Gefährdung der Böden aufmerksam. Denn allein durch Erosion gehen jedes Jahr etwa 24 Milliarden Tonnen Boden verloren. Die stellvertretende Generaldirektorin der Welternährungsorganisation FAO forderte mehr Beachtung für die Gesundheit und das Management der Böden des Planeten. „Die Bedeutung der Böden für die Ernährungssicherheit sollte offensichtlich sein. Gesunde Böden sind aber nicht nur die Grundlage der Lebensmittelproduktion, sondern auch entscheidend für die Qualität des Grund- und Oberflächenwassers, die Gesundheit der Ökosysteme und sie speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre“, sagte sie heute in Rom. Slow Food sieht die Lösung in einer Landwirtschaft, die Böden nicht auslaugt sondern aktiv zur Bodengesundheit beiträgt, etwa durch den Verzicht auf chemische Düngemittel und Pestizide. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) appellierte an die künftige Bundesregierung, die Umstellung auf eine bodenschonende Wirtschaftsweise voranzutreiben: „Ökolandbau schützt unsere Ackerböden, verbessert die Aufnahme von Niederschlagswasser und fördert Bodenfruchtbarkeit wie kein zweites Anbausystem.“ Der Präsident des Umweltbundesamtes Jochen Flasbarth forderte eine bessere Lobby für das Thema Boden: „Boden ist zu einer globalen Ware, zu einem Objekt internationaler Investitionen geworden.“ Dabei bleibe die nachhaltige Bodennutzung auf der Strecke: In Deutschland werden jeden Tag 70 Hektar Boden in Bauland umgewandelt – alle drei Tage geht so eine Fläche so groß wie der Tiergarten in Berlin verloren.
02.12.2013 | permalink
Biosprit aus Lebensmitteln: Weichen EU-Staaten geplante Deckelung auf?

Die Ständigen Vertreter der 28 EU-Staaten stimmten am Freitag in Brüssel dafür, den Anteil herkömmlicher Agrartreibstoffe aus Energie- und Nahrungsmittelpflanzen auf 7% der Gesamtspritmenge zu begrenzen. Agrartreibstoffe der zweiten Generation, z.B. aus Stroh oder Algen, sollen hingegen stärker gefördert werden. Hintergrund ist das Ziel der EU-Staaten, bis 2020 den Anteil erneuerbarer Energien im Transportsektor auf 10% anzuheben. Als Reaktion auf die anhaltende Kritik an Biokraftstoffen aus Energie- und Nahrungsmittelpflanzen soll nun eine Obergrenze festgelegt werden. Die Kommission hatte vorgeschlagen, ihren Anteil auf 5% zu begrenzen während sich das EU-Parlament im September für 6% ausgesprochen hatte. Der Umweltausschuss hatte für 5,5% plädiert, der Industrieausschuss für 6,5 Prozent. Aktuell liegt der Biospritanteil schon bei 4,7 Prozent. Daher kritisierte Nuša Urbancic vom NGO-Dachverband Transport and Environment das Votum: „Eine Deckelung von 7% bedeutet eine Steigerung von 50% bei nicht nachhaltigem Biosprit. Diese schädlichen Agrartreibstoffe führen zu verstärkter Abholzung, mehr CO2-Emissionen und Druck auf die Nahrungsmittelpreise – und das alles auf Kosten der Steuerzahler.“ Auch Robbie Blake von Friends of the Earth Europe geht die Deckelung nicht weit genug: „Wir müssen die unsinnige Nutzung von Agrartreibstoffe, die mit der Lebensmittelproduktion konkurrieren, völlig beenden.“ Das Votum der Ständigen Vertreter muss am 12. Dezember noch von den Ministern der EU-Staaten bestätigt werden, Änderungen sind möglich. Danach nimmt das Parlament erneut Stellung und die beiden Institutionen müssen sich einigen. Ein Ergebnis vor den Wahlen im Mai gilt als unwahrscheinlich.
- klimaretter.info: EU-Streit über Agrosprit geht weiter
- The Guardian: Food-based biofuels allowance to rise by 50% under EU plans
- Spiegel Online: EU-Staaten wollen Biosprit-Nutzung begrenzen
- Reuters: Governments seek to raise the EU cap on food-based biofuels
- Friends of the Earth Europe: Fate of EU biofuels policy hangs in balance - take action
29.11.2013 | permalink
Brutaler Angriff auf Monsanto-Gegner in Argentinien

In Argentinien ist ein Protestcamp gegen den Bau einer Monsanto-Fabrik brutal angegriffen worden, mehrere Menschen wurden verletzt. Am frühen Donnerstag brachte ein Bus etwa 60 Personen zu dem Camp in Malvinas Argentinas, einem Vorort von Córdoba, in dem seit Mitte September Aktivisten die Zufahrtswege zu dem Gelände blockieren, auf dem Monsanto eine große Saatgutaufbereitungsanlage bauen will. Die Angreifer zerstörten Zelte, setzen Teile des Camps in Brand und gingen mit Stöcken und Steinen auf die Gentechnik-Gegner los. Etwa 20 Personen wurden verletzt, darunter Sofia Gatica, eine der Hauptfiguren des Protests. Sie erlitt Kopfverletzungen und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Die Trägerin des Goldman Environmental Prize war bereits am Montag auf offener Straße niedergeschlagen worden und hatte Morddrohungen erhalten. Verantwortlich für den Angriff auf das Camp sollen angeblich Mitglieder der Union der Bauarbeiter Argentiniens (UOCRA) sein, die durch den Protest nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen können. Monsanto verurteilte in einer Mitteilung die Gewalt, beschuldigte jedoch die Aktivisten, Autos von Bauarbeitern und Angestellten beschädigt zu haben. Die Camp-Mitglieder verwehrten sich gegen den Vorwurf und beklagten die Untätigkeit und das späte Eintreffen der Polizei.
27.11.2013 | permalink
Argentinische Anti-Monsanto-Aktivistin bedroht und verprügelt

Die argentinische Gentechnik-Gegnerin Sofia Gatica ist am Montag in Córdoba auf offener Straße niedergeschlagen worden - nur wenige Tage nach Erhalt einer Morddrohung in Zusammenhang mit ihrem Protest gegen Monsanto. Gatica kämpft seit Monaten gegen den Bau einer Aufbereitungsanlage für Maissamen durch den Saatgut-Multi in Malvinas Argentinas, einem Vorort von Córdoba. Seit September blockiert sie gemeinsam mit anderen Aktivisten die Zufahrtswege zu dem Gelände, auf dem die größte Saatgutfabrik Lateinamerikas entstehen soll. Da durch die Blockade keine Materialien geliefert werden konnten, musste der US-Konzern die Bauarbeiten vorerst einstellen. Am 19. November erhielt Gatica die Quittung für ihren Einsatz: Auf dem Weg zur Arbeit wurde sie in einem Bus von einem bewaffneten Mann mit den Worten „Es gibt mehrere Arten zu sterben. Höre auf dich mit Monsanto anzulegen oder wir werden deinem Leben ein Ende setzen und dein Gehirn über Malvinas Argentinas verstreuen“ bedroht. Am Montag näherten sich ihr zwei Männern auf einem Motorrad, von denen sich einer wortlos auf sie warf und sie niederschlug. Seitdem ihre Tochter 1999 wenige Tage nach der Geburt an einer Nierenmissbildung starb und Agrochemikalien im Blut ihrer anderen drei Kinder nachgewiesen wurden, setzt sich Gatica unermüdlich gegen gentechnisch veränderte Soja und den Einsatz des Herbizids Glyphosat ein. Mit anderen betroffenen Frauen schloss sie sich zu den Müttern von Ituzaingó zusammen und dokumentierte die auffallend hohe Zahl an Fehl-und Missgeburten in ihrem Ort, der fast vollständig von Sojafeldern umschlossen ist. Für ihr Engagement erhielt Gatica 2012 den prestigeträchtigen Goldman Environmental Prize.
21.11.2013 | permalink
Metastudie belegt negative Auswirkungen der Agrarspekulation

Eine Studie der Universität Bremen erachtet es als wahrscheinlich, dass die Spekulation mit Agrarrohstoffen die Lebensmittelpreise negativ beeinflusst. In einer Metastudie nahm der Ökonom Professor Hans-Heinrich Bass im Auftrag der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch die Aussage unter die Lupe, die Unbedenklichkeit der Agrarspekulation sei wissenschaftlich belegt. Spekulationsbefürworter stützten sich dabei oft auf Ergebnisse des Ethikprofessors Ingo Pies und des Agrarökonomen Thomas Glauben. Die Bremer Metastudie ergab nun, dass zwar in der Wissenschaft kein Konsens herrsche, empirische Studien tendenziell aber eher zu dem Schluss gelangten, dass die Spekulation einen negativen Einfluss auf die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel haben kann: „Den Beleg für die Unschädlichkeit der finanzwirtschaftlichen Agrarspekulation gibt es nicht.“ Professor Bass wertete den Literaturüberblick von Pies und Glauben über rund drei Dutzend Studien aus. Das Fazit: Die Auswahl sei einseitig und nur fünf der zehn zentralen empirischen Arbeiten sehen tatsächlich positive Effekte der Index-Spekulation. Davon stammen jedoch vier aus der Feder einer Forschergruppe um den US-amerikanischen Wissenschaftler Scott H. Irwin, der erst kürzlich offenlegen musste, eng mit der US-Agrar- und Indexfondsindustrie verbunden zu sein. „Unzweifelhaft gibt es noch erheblichen Forschungsbedarf zur Klärung der Preismechanismen auf den Warenterminmärkten. Viel drängender geworden ist aber inzwischen der Handlungsbedarf“, schlussfolgerte Professor Bass. Foodwatch appellierte daher an Deutsche Bank und Allianz, die immer noch an den umstrittenen Agrarwetten festhalten, umgehend auszusteigen.